Ernst Handschumacher: Gefecht mit der Landespolitik
An die Gründungstage der Stadt erinnert Ernst Handschumacher in der Teloy-Mühle.
Meerbusch. "Dass ich diese historische Rede einmal von ihm selbst hören würde, hätte ich nie zu träumen gewagt." Zwar ist Ratsherr Mike Kunze der Geschichtswissenschaft verschrieben. Dennoch dürfte er allen Besuchern der Auftaktveranstaltung der Vortragsreihe zum 40-jährigen Jubiläum der Stadt Meerbusch aus der Seele gesprochen haben.
Denn Ernst Handschumacher, erster gewählter Bürgermeister Meerbuschs, erinnert sich in der bis auf den letzten Platz gefüllten Teloy-Mühle am Dienstag an die Gründung Meerbuschs und vor allem an den Abwehrkampf gegen die Landespolitik in den Jahren 1974 bis 1976, als die einzelnen Ortsteile an die umliegenden Städte eingemeindet werden sollten.
"In den 20er Jahren, da hätte die Büdericher Artillerie das Problem mit entsprechenden Schüssen in Richtung Düsseldorf gelöst", erzählt der agile 85-Jährige schmunzelnd. "Wir mussten andere Wege gehen." Das bedeutet, den Weg zum NRW-Verfassungsgerichtshof nach Münster zu beschreiten.
Im Dezember 1974, wenige Tage vor der beschlossenen Auflösung, muss Handschumacher das neue Schulzentrum in Strümp einweihen. "Da legt mir einer einen Zettel mit dem vorerst positiven Beschluss aus Münster auf das Pult. Und vor mir die ganzen Herren aus Düsseldorf. Da habe ich nur den Inhalt des Zettels abgelesen und gesagt: Das Büfett ist eröffnet."
In der Teloy-Mühle hätte man eine Stecknadel fallen hören, als Handschumacher berichtete, wie das Bangen um die Einheit der Stadt Meerbusch weitergeht. Ein Reparaturgesetz muss abgeschmettert werden. "Wie ernst die Lage war, haben wir damals nie gesagt."
Im März 1976 kommt es zum direkten Aufeinandertreffen von Handschumacher und seinem Kontrahenten, NRW-Innenminister Burkhard Hirsch.
Der hat bereits im Vorfeld erklärt, es gebe zur Auflösung Meerbuschs keine Alternativen. Handschumacher: "Das hatte er sich trotz Warnung selbst so ausgesucht. Also ließen wir die Schüler am Meerbusch-Gymnasium Spalier stehen und Blaskapellen das Stück ,Ich schieß den Hirsch im wilden Forst’ spielen."
Doch letztendlich ist es wohl die packende Rede Handschumachers-die die Zuhörer am Dienstag in Lank im Original hören -sowie ein peinlicher Zwischenfall zwischen Hirschs Delegation und einem Kamerateam des WDR, die zu einem Stimmungsumschwung führen: Hirsch, so erzählt es Handschumacher, habe die Aufzeichnung der Veranstaltung in Strümp offenbar unterbinden wollen.
Als das Verbot misslingt, wird die Kamera umgestoßen - und nimmt diesen Vorgang selbst auf. Dieser Fauxpas bringt Meerbusch auch Solidarität aus dem Lager des Gegners ein.
Am 3.Mai 1976 entscheidet der Landtag schließlich mit zwei Stimmen Mehrheit, Meerbusch nicht aufzulösen. Aufatmen bei den Zuhörern und nicht enden wollender Applaus. Fast scheint es, als sei Meerbusch an diesem Abend ein zweites Mal gegründet worden.