Generationen an der Musikschule Meerbusch Musik kennt kein Alter

Meerbusch · Jeder Mensch, der gerne Musik macht, kann eine ganz eigene Geschichte über seinen Weg zum Instrument erzählen – und Teil dieses Wegs ist häufig die Meerbuscher Musikschule. Gibt es dort Unterschiede zwischen den Generationen?

Dietmar Plewe mit dem Ensemble Rondo.

Foto: RP/Theresa Szorek

Zwischen Dietmar Plewe und der kleinen Ariane liegen 87 Jahre Altersunterschied. Das sind neun Bundeskanzler, acht Päpste, 21 Fußball-WMs und mindestens fünf Entstehungszeiten neuer Musik-Genres (zum Beispiel, in chronologischer Reihenfolge, Country, Rock, Metal, Hip-Hop und Techno). Dietmar Plewe ist der älteste Schüler der Meerbuscher Musikschule, Ariane ist die jüngste.

Wenn Plewe Geige spielt, hört man ihm sein Alter gar nicht an. „Mein Kindheitstraum war immer die Trompete“, sagt er. Zur Geige kam er über Umwege, Plewe hatte ein bewegtes Leben. Geboren wurde er 1935 in Osterode in Ostpreußen. Sein erstes Instrument war die Handharmonika, ein Akkordeon, auf dem meist nur Töne der jeweiligen Tonart gespielt werden können. „Das war mir dann irgendwann zu eingeschränkt“, sagt Plewe. Klavier spielte er auch, aber das Instrument musste bei der Flucht zurück bleiben. Nach einigen Umwegen und Zwischenstationen führte der Weg der Familie Plewe nach Hameln. „Meine Mutter hat in einem englischen Club gearbeitet, dort spielte ein Trio. Als ich den Geiger gehört habe, wollte ich das auch“, erzählt Plewe. Die Mutter organisierte eine geliehene Geige, der elfjährige Dietmar spielte damals vor allem Tanzmusik. Doch Klassenkameraden hatten andere Interessen, klassische Musik war angesagt. Deshalb sattelte Plewe um.

1954 zog die Familie nach Hannover, dort hatte Plewe bei einem Geiger des Opernorchesters Unterricht. „Der war pädagogisch gut. Alles, was ich heute kann, verdanke ich ihm“, sagt Plewe. Vor rund 50 Jahren zog der studierte Jurist, mittlerweile mit Frau und zwei Kindern, nach Kleinenbroich. Im Nachbarort Korschenbroich gibt es einen Posaunenchor, und Plewe hegte die Hoffnung, hier endlich Trompete spielen zu können. „Aber der Chorleiter brauchte ganz dringend eine Posaune. Da war die Sache entschieden“, lacht Plewe. Nach drei Monaten Unterricht spielte er bereits mit, rund zwanzig Jahre später übernahm er selbst die Leitung und bildete Anfänger an Blasinstrumenten aus. Plewe leitet außerdem einen a-capella-Chor, arrangiert selbst Stücke und spielt Banjo.

Sein Hauptinstrument bleibt allerdings die Geige. Im Folklore-Ensemble Rondo spielt der 88-jährige seit seiner Gründung im Jahr 1989 bis heute. „Früher gab es so viele Kinder, die ein Instrument lernen wollten, dass man als Erwachsener gar keinen Unterricht nehmen durfte“, erzählt Uschi, die mittlerweile bei Rondo den Kontrabass bedient. „Aber das änderte sich dann mit dem demografischen Wandel.“ Mittlerweile sind auch erwachsene Schüler willkommen.

Das 10-köpfige Ensemble Rondo ist bunt besetzt, vom Akkordeon über Gitarren und Klarinetten ist alles dabei, da eignet sich Folklore besonders gut, weil es flexibel arrangiert werden kann. Geleitet wird die Gruppe vom stellvertretenden Musikschulleiter Michael Krones, der ebenso wie Gitarristin Sabine bei vielen Liedern mit seiner Stimme unterstützt. Wer gerne mitspielen möchte, muss übrigens kein Mindestalter erreicht haben, die Musiker freuen sich über jedes neue Mitglied. Klarinettist Dieter hat sein anspruchsvolles Instrument erst im Alter von 50 Jahren erlernt: „Das war auch für mich ein Kindheitstraum“, erzählt er.

Bei den Kleinsten ist
zusammen sein besonders wichtig

So früh wie die „Musikkäfer“ haben im Ensemble Rondo wohl die wenigsten mit dem Musikunterricht angefangen. Dieses Angebot zur Musikalischen Früherziehung der Musikschule Meerbusch richtet sich bereits an Babys ab dem Alter von sechs Monaten. Natürlich geht es hier erst einmal mehr ums Zuhören und Ausprobieren als darum, wie man Noten liest oder sein Instrument richtig hält. Gesungen wird auch, hauptsächlich von den Müttern. Die Kleinen hören gebannt zu oder lachen, wenn sie im Takt auf den Knien gewippt werden. „Es geht auch um das Soziale, das Zusammensein mit anderen Kindern“, erzählt die Mutter von Mara. Ihre Tochter freut sich immer schon, wenn sie vor der Tür des Kursraums im Bürgerhaus Lank steht. „Sie weiß dann schon, gleich passiert was Schönes.“

Unter der liebevollen Leitung von Anja Belzner und ihrer Gitarre wird eine halbe Stunde lang gesungen, gerasselt und gelacht. Die meisten der Mütter hatten in ihrer Kindheit selbst Musikunterricht. Die Jüngste im Bunde ist die kleine Ariane, sie wird im Juli ein Jahr alt. Ihre Mutter hat früher Akkordeon gespielt und im Unichor gesungen. „Musik ist ja auch eine Ausdrucksform. Gerade, wenn es einem nicht so gut geht“, findet sie. Ob Ariane später auch mal ein Instrument lernen soll? „Das ist nicht unbedingt ein Muss. Hauptsache, sie hat Spaß!“ Wenn man die jüngste Musikschülerin Meerbuschs so anschaut, wie sie strahlt, als sie auf Anja Belzners Gitarre zupfen darf, ist das definitiv der Fall.