Kinder lernen Selbstverteidigung ohne Gewalt
An der Adam-Riese-Schule in Büderich wurde das Selbstvertrauen der Kinder geschult.
Carlotta und Luca stehen in der Mitte eines Kreises, den ihre drumherum sitzenden Mitschüler bilden. Die beiden sollen eine Gewaltszene darstellen, in der einer vom anderen festgehalten wird. Ein paar Anweisungen von Coach Ariel Campora — und schon hat sich Luca mit dem „Sieger-Griff“ aus Carlottas Griff befreit. Einfach die Hände verschränken, ein Bein zurückstellen und mit einem beherzten Ruck die Arme nach oben ziehen und auf das hintere Bein stützen. Diese Szene soll beispielhaft für ein ganzes Projekt stehen. „Gewaltfrei Lernen“ stand gestern auf dem Unterrichtsplan an der Adam-Riese-Grundschule in Büderich.
„Das spielerische Lernen gefällt mir besonders gut“, sagt Luca. Auch die sechsjährige Carlotta findet diesen ganz besonderen Unterricht gut. „Die Griff-Übungen finde ich am besten“, erklärt sie. Das Projekt an der Schule geht über drei Tage. „Pro Tag werden 90 Minuten Gewaltfrei-Lernen-Unterricht eingeplant“, sagt Ursula Weißborn von der Sparda-Stiftung West. „Die Stiftung übernimmt zwei Drittel der Kosten, die für unsere 240 Schüler anfallen,“ sagt Schulleiter Marc Adams. Die Eltern haben sich mit einer kleinen Summe zusätzlich beteiligt.
Damit die Lehrer auf das Thema vorbereitet werden konnten, mussten sie selbst noch einmal die Schulbank drücken und sich bei zwei Fortbildungen schulen lassen. Dabei lernten sie genau die Werkzeuge kennen, mit denen sie später die Schüler unterrichten konnten. „Es sind vor allem Standübungen, eine laute, feste Stimme und non-verbale Gestik-Elemente, um deutlich und stark zu signalisieren, dass das Verhalten des Gegenübers unerwünscht ist. Wir vermitteln aber auch Griff-Löse-Techniken“, sagt Ariel Campora, der die Inhalte spielerisch vermittelt. „Der Vorteil, der sich aus einem Training für die gesamte Schule ergibt, ist der, dass jedes Kind die Signale und das Verhalten des Gegenübers deuten kann und weiß, ab wann es für sein Gegenüber zu viel wird“, fügt Ursula Weißborn hinzu. Ein „Gewaltproblem“ hat die Schule jedoch nicht, beteuert Adams. „Es geht uns darum, möglichen Konflikten auf dem Schulhof vorzubeugen. Die Kurse sind auch gut, um die Konzentration der Schüler zu verbessern.“ Kleine Neckereien wie ein leichtes Zwicken des Banknachbarn im Unterricht würden nach solchen Trainings aufhören. „Die Rückmeldungen, die wir von den Eltern bekommen haben, sind bis jetzt alle positiv“, so der Schulleiter.
Die Kinder setzen die Inhalte auch außerhalb der Schule ein, können Streitereien vermeiden. „Es geht darum, Strategien zu vermitteln, mit denen man sich behaupten kann, so dass niemand sein Gesicht verliert“, sagt Campora. Ein anderer Bestandteil des Projektes sind Spiele wie das Roboter-Spiel: Zuerst werden ein paar „Ingenieure“ aus der Schülergruppe ausgewählt. Alle anderen sind die „Roboter“. Sie bekommen kleine Kissen, die „Akkus“, auf den Kopf gelegt und dürfen sich nur in Roboterbewegungen durch die Halle bewegen. Wenn das Kissen vom Kopf fällt müssen sie stehenbleiben. Erst wenn einer der Ingenieure das Kissen aufhebt und es dem Schüler, dem es runtergefallen ist, wieder auf den Kopf setzt, darf er weitergehen. Campora: „Damit trainieren wir Verantwortung für den anderen Schüler.“ sta