Liedermacher und Transmann Nicolai Burchartz – „Ich möchte auch etwas sagen“

Meerbusch · Der Meerbuscher Nicolai Burchartz ist Liedermacher und Transmann. Das Trans-Sein beeinflusst ihn auch als Künstler. Seine Erfahrungen beschreibt er in einem Blog.

Nicolai Burchartz stammt aus Büderich und machte seine ersten Bühnenerfahrungen am Mataré-Gymnasium.

Foto: RP/Burchartz

Die Bühne war schon immer ein „sicherer Ort“. Daran erinnert sich Liedermacher Nicolai Burchartz ganz genau. Heute steht er allein oder als Duo in der Öffentlichkeit und nutzt diese auch, um seine Geschichte zu erzählen. Denn der in Büderich aufgewachsene Nicolai wurde 1976 als Heike geboren, lebte mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder bei seinen Eltern Irmgard und Willi Burchartz, die über viele Jahre den Gasthof Burchartz an der Necklenbroicher Straße führten.

Die Tochter Heike ging in die Brüder-Grimm-Schule und anschließend ins Mataré-Gymnasium: „Dort habe ich in Musicals mitgespielt, konnte in den Rollen ein Mann sein. Damit war die Bühne für mich auch ein Rettungsanker.“ Die Pubertät war heftig, die Lehrer besorgt, die Noten schlecht: „Aber da ich nichts sagte, konnte auch niemand helfen. Ich wusste selbst nicht, was los war. Es war ein Gefühl. Ich konnte mich nicht sehen, hatte keine Zukunft – ich war äußerlich eine Frau, aber das war nicht ICH.“

Erst nach der Schulzeit war klar: „Ich werde diesen Weg einschlagen, werde eine Transition machen.“ Die Bedenken, anschließend keine Freunde mehr zu haben und in eine andere Stadt ziehen zu müssen, waren unbegründet: „Ich hatte großes Glück. Meine Eltern haben zu mir gehalten. Der Gedanke, dass es gutgeht, hat uns durch diese Zeit getragen.“

In einem Beitrag der WDR 2 Lokalzeit über seine „starke Geschichte“ mit seinen Eltern sagen diese: „Das war ein harter Weg. Aber als wir ihn zu Ende gegangen waren, war alles gut. Wir wollten nur, dass unser Kind glücklich ist.“ Und Nicolai sagte damals zu seiner Mutter: „Du verlierst mich ja nicht.“

Mit 20 Jahren – nachdem ein dreijähriges Verfahren mit anschließendem Okay zu einer Operation vorlag – begann das neue Leben. Damals wohnte Nicolai in Köln, studierte Musikwissenschaft, lernte Gitarre spielen und nahm Gesangsunterricht: „Ich bin immer offen mit dem Thema umgegangen. Es war schlimm – auch während der Angleichungsphase – immer wieder verspottet oder zur Zielscheibe von Blödeleien zu werden. Ich möchte keine Angst mehr haben und dieses Gefühl auch anderen Menschen ersparen. Deshalb stelle ich das Thema in den Vordergrund, möchte den Verspottern nicht die Plattform überlassen – ich möchte auch was sagen.“ Seit Jahren schreibt Nicolai Burchartz in dem Blog „Nicolais T*agebuch“, nutzt jetzt aber auch andere Medien, um damit offen umzugehen.

Seit 14 Jahren ist er mit Erika verheiratet. Als sie sich Ende der 1990er Jahre im Studium kennenlernten, hat er sich geoutet. „Ich konnte es nicht glauben und ich kann mir heute noch nicht vorstellen, dass er ein Mädchen war.“ Eine Belastungsprobe für die Ehe bleibt – der unerfüllte Kinderwunsch: „Das macht uns aus.“ Zudem ist Nicolai vielseitig kreativ unterwegs. Meistens wird er von Giti, einem Cockerpoo (Mischung aus Cockerspaniel und Pudel) begleitet. Dazu passt, dass Herrchen in der Corona-Zeit eine Hunde-CD aufgenommen hat – mit Geschichten zwischen Mensch und Hund: „Dazu habe ich ‚Songs für dich und deinen Hund‘ gemacht.“

Auch wer einen Song für einen bestimmten Anlass möchte, ist bei ihm richtig. Was seine Musik aussagt, ist zudem auf dem Album „geschafft – bis hierher und weiter“ zu hören. Aber es gibt ihn auch live, mit Noémi Schröder als Duo „Rosenpfeffer“ steht er auf vielen Bühnen und war unlängst auch in Büderich zu hören.

Die Musik ist das Leben des Liedermachers und Songschreibers. Auch deshalb steht er hinter der Crowdfunding-Plattform Patreon . Hier werden Einzelsummen gesammelt, die es Kreativen – auch ihm – ermöglichen, in ihrer Arbeit aufzugehen.

Mit Blick auf sein Leben sagt Burchartz, der heute in Wuppertal lebt: „Ich bemühe mich, mit Liebe auf andere Menschen zu sehen. Es gibt Parallelen zwischen Musiker und Trans-Menschen – beide werden oft nicht richtig ernst genommen.“