Pfarrer Michael Berning „Es wird bei mir ein stilleres und einsameres Fest“

Interview · Die Feiertage werden auch für Pfarrer Michael Berning von der Gemeinde St. Mauritius und Heilig Geist einsamer und ruhiger.

Im Frühjahr hat Pastor Michael Berning nummerierte Sitzplatzzettel ausgelegt. An Weihnachten gibt es personalisierte Eintrittskarten.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Herr Pastor Berning, wie haben Sie die Adventszeit erlebt?

Michael Berning: Es war natürlich ganz anders als sonst. Für mich ist diese Zeit aber auch ein gutes Experiment gewesen, auf das ganze Drumherum und die Oberflächlichkeiten zu verzichten. Sonst feiern wir Weihnachten über den gesamten Dezember, das gab es in diesem Jahr nicht. Und genau das hat mir gut getan. Das mögen viele andere nicht so sehen, war es doch eine sehr ruhige, besinnliche und nachdenkliche Adventszeit. Ich empfinde das allerdings als eine bessere Vorbereitung auf das Weihnachtsfest.

Hat Ihnen die Gemeinschaft in der Kirche nicht gefehlt?

Berning: Doch, das habe ich sehr vermisst. Ich hätte mich gerne mit meinen Gemeindemitgliedern oder dem Freundeskreis in der Adventszeit getroffen. Ich hoffe sehr, dass das im kommenden Jahr wieder möglich sein wird.

Wie haben Sie vor Corona Weihnachten gefeiert und wie wird es in diesem Jahr aussehen?

Berning: Den Heiligabend habe ich bisher immer mit der Familie meines Bruders und mit meinem Vater verbracht. In diesem Jahr wird das leider nicht gehen, und wenn, dann nur kurz, weil ich mehr Gottesdienste leiten muss als sonst. Auch unser große Familienfeier am zweiten Weihnachtstag wird komplett ausfallen. Es wird bei mir also ein stilleres und einsameres Weihnachtsfest werden. Ich bin es aber gewohnt, alleine zu sein und weiß mich zu beschäftigen. Ein bisschen freue ich mich sogar darauf, zu lesen und bei hoffentlich gutem Wetter Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Ich werde aber auch ein Auge auf die Menschen haben, die sich besonders an den Feiertagen einsam fühlen und mit Sicherheit viel telefonieren. Ich mache mir auch Gedanken um die Tage nach Weihnachten, an denen es sehr ruhig wird.

Trotz der Pandemie ist auch in diesem Jahr vielen Menschen der weihnachtliche Gang in die Kirche wichtig.

Berning: Viele Menschen brauchen diesen Termin am Heiligen Abend. Gerade für Familien ist wichtig, dass das Fest strukturiert ist. Und es ist gut, sich daran zu erinnern, warum wir Weihnachten feiern. Die Botschaft von der Geburt Christi soll nicht im gegenseitigen Schenken untergehen.

Die Organisation dieser Gottsdienste ist in diesem Jahr eine besondere Herausforderung. Noch einige Tage vor Weihnachten haben Sie umgeplant.

Berning: Das ist richtig. Ursprünglich wollten wir die Weihnachtsgottesdienste im Freien auf dem Schulhof der Brüger-Grimm-Grundschule feiern. Wir haben zu einer der Messen aber über 250 Anmeldungen bekommen – das ist zwar erlaubt, aber wir haben uns entschieden, diese Ansammlung zu entzerren. Wir haben die Besucher auf drei Gottesdienste aufgeteilt – um 15 und 16.30 Uhr in Heilig Geist sowie einmal um 16.30 in St. Mauritius. So haben wir pro Gottesdienst rund 70 bis 80 Besucher, eine Zahl, die wir händeln können. In den Kirchen gibt es ja erprobte Hygienekonzepte, die wir seit Monaten jeden Sonntag umsetzen. Wir haben die Änderungen an alle Angemeldeten gemailed. Trotz des neuen Konzepts sind die Gottesdienste ausgebucht.

Glauben Sie, dass Christen die schweren Zeiten besser wegstecken können?

Berning: Ja, es ist sogar wissenschaftlich erforscht, dass Gläubige, also nicht nur Christen, Leid, Schicksalsschläge und Krankheiten leichter verarbeiten und gelassener sterben können.

Warum ist das so?

Berning: Sich bei Gott geborgen zu wissen, gibt eine ungemeine Stabilität im Leben. Zu wissen, dass es da oben einen Gott gibt, der uns nicht wie ein Marionettenspieler zappeln lässt und dem unser Leid egal ist, sondern der es mit trägt. Das kleine Kind, das an Weihnachten geboren wird, wird brutal ermordet und nimmt das Leid der Menschen auf sich. In diesem Jahr wird er mitten in eine Welt mit Corona geboren. Ich sehe zurzeit überall Karikaturen, in denen Maria und Josef mit Mundschutz vor der Krippe stehen oder die Hirten vor dem Stall auf den Sicherheitsabstand achten. Das ist auch theologisch genau richtig: Christus kommt in unsere Zeit und in unsere Schwierigkeiten. Uns hilft auch der Erlösungsgedanke. Als Christen hoffen wir, dass wir im Reich Gottes landen werden, wo alles gut sein wird. Wo es keine Corona, Atemmasken und Sicherheitsabstand gibt.

Was hat Ihnen die Corona-Krise gezeigt?

Berning: Dass wir uns auf die Dinge fokussieren sollten, die tatsächlich wichtig sind. Dazu gehören andere Menschen, die Gemeinschaft, das Miteinander. Und dass wir schwere Zeiten gemeinsam durchstehen können.

Worauf freuen Sie sich im nächsten Jahr?

Berning: Ich freue mich auf das wiedererstehenden Leben! Auf einen schönen Urlaub in Frankreich und die Schützenfeste – hoffentlich.