Umweltschutz in Meerbusch Wer Baum rodet, muss dies anzeigen
Meerbusch. · Wer einen Baum auf seinem Grundstück fällen will, muss das seit Januar vorab bei der Stadt anzeigen. Das ist bislang 58 mal geschehen.
Dirk Banse ist oft mit dem Fahrrad in Meerbusch unterwegs. „Dabei ist mir zuletzt vermehrt aufgefallen, dass auf Privatgrundstücken Bäume gefällt wurden“, erklärt der SPD-Ratsherr. Er fragt: „Ist das alles rechtens? Und wurden diese Fällungen vorab angezeigt, so wie es die neue Baumschutzsatzung verlangt?“
Diese gilt in Meerbusch seit 1. Januar 2020. Michael Betsch, Leiter des städtischen Fachbereichs Grünflächen, Baubetriebshof und Friedhöfe, hat die aktuellen Zahlen parat. Demnach sind beim zuständigen Mitarbeiter bis zum 7. Juli 58 Anzeigen von Baumfällungen eingegangen, und zwar 28 in Büderich, 13 in Strümp, zehn in Osterath, je drei in Lank und Bösinghoven und eine Anzeige in Nierst. Drei nicht angezeigte Fällungen liegen derzeit beim Ordnungsamt, das solche Verstöße bewertet.
Ordnungsamt bewertet
Verstöße gegen die Satzung
„Aus unserer Sicht wird die Baumschutzsatzung sehr gut angenommen“, sagt Betsch. Der Ablauf sei für die Betroffenen unproblematisch: Sie müssten ein doppelseitiges Formular ausfüllen, das es zum Download auf der städtischen Homepage gibt. Außerdem nötig seien ein Lageplan und Fotos der Bäume, die gefällt werden sollen. Das alles müsse schriftlich spätestens sechs Wochen vor der Fällung bei der Stadt gemeldet werden. „Die meisten Fälle können wir vom Schreibtisch aus entscheiden und müssen nicht extra rausfahren“, sagt Betsch.
Fremdanzeigen von Nachbarn oder anderen Bürgern seien bislang die Ausnahme. Dabei kommt es manchmal aber auch zu Fehleinschätzungen der Leute, die es eigentlich gut meinen und lediglich verhindern wollen, dass ein Baum „verboten“ gefällt wird. So berichtet Betsch von einem Fall, bei dem auf einem Bauernhof Bäume gefällt wurden und Bürger die Verwaltung darauf aufmerksam machten. Betsch erklärt: „Aber Baumschutzsatzungen gelten nur in den bebauten Ortsteilen und im Geltungsbereich der Bebauungspläne.“ Der Hof lag aber im sogenannten Außenbereich, somit war eine vorherige Fällanzeige nicht nötig.
Sämtliche 58 Akten, die bislang bei der Stadt liegen, sind aber noch offen. Denn eine Baumfällanzeige gilt erst als abgewickelt, wenn die entsprechenden Bäume nachgepflanzt wurden. Dafür muss ein Nachweis eingereicht werden, entweder ein Foto des neu gepflanzten Baumes oder die Rechnung eines beauftragten Gartenbauunternehmens. Betsch erklärt: „Bislang sind noch keine Nachweise bei uns eingegangen. Eine abschließende Bewertung der bisherigen Anzeigen ist also noch nicht möglich.“
Wer einen Baum fällt, muss
später auch einen neuen pflanzen
Unruhig wird er deshalb aber nicht. Denn die nächste mögliche Pflanzperiode beginnt erst im Oktober, entsprechend gelten für eine Nachpflanzung folgende Fristen: Wer seine Baumfällung im ersten Halbjahr bis Ende Juni angezeigt hat, muss die Nachpflanzung bis Ende 2020 vornehmen. Wer die Anzeige ab Juli gemacht hat, hat mit der Nachpflanzung Zeit bis Ende April 2021. „Wenn der Nachweis nicht fristgerecht kommt, gehen wir dem natürlich nach“, kündigt Betsch an.
Wer angibt, auf seinem Grundstück keinen Platz für Ersatzbäume zu haben und das auch belegt, der kann eine entsprechende Ausgleichszahlung machen. Dann pflanzt die Stadt die Ersatzbäume. Diese setzt die Stadt aber zusätzlich zu ihren eigenen Ersatzbäumen in den Boden. Betsch: „Denn auch wir müssen hin und wieder einen kranken Straßenbaum wegnehmen. Dafür pflanzen wir aber mehr als einen nach, so dass wir in der Bilanz mehr Bäume pflanzen als entfernen.“ Die Ausgleichszahlungen werden schließlich noch „on top“ in Bäume investiert.
Das soll aber die Ausnahme bleiben. Betsch: „In der Regel sollen die Leute auf ihrem Grund die Bäume nachpflanzen. Es sind schließlich keine unzumutbaren Ersatzpflanzungen, die wir verlangen.“ Es gibt sogar eine extra Liste mit Pflanzempfehlungen. „Da kommen auch schmale Bäume vor“, sagt er. Bislang wurde nur bei fünf Bescheiden eine Ausgleichszahlung festgesetzt. Betsch berichtet: „Es gab auch einen Fall, in dem der Grundstücksbesitzer meinte, dass er keinen Platz für Ersatzbäume hätte. Wir haben das bei unserer Überprüfung aber anders gesehen und ihn verpflichtet, auf seinem Grund nachzupflanzen.“
Überhaupt, die Überprüfungen: Die waren schon vor dem politischen Beschluss der Baumschutzsatzung ein Thema. Dazu sagt Michael Betsch: „Wir können keine Extra-Kontrollfahrten durchs Stadtgebiet machen. Aber wir reagieren sofort auf Hinweise aus der Bevölkerung und prüfen dann, ob die jeweilige Fällung angezeigt wurde.“ Auch die Mitarbeiter der Grünkolonne seien sensibilisiert und schauten bei ihren Touren im Stadtgebiet genau hin. „Und die Kollegen, die in Meerbusch wohnen, haben sogar in ihrer Freizeit einen Blick darauf.“ Sein Eindruck: „Die Meerbuscher gehen verantwortungsvoll mit den Bäumen auf ihren Grundstücken um.“
Ginge es nach ihm, könnte die Stadt aber noch grüner und natürlicher werden: „Manche Gartenbesitzer könnten sich durchaus ein wenig von ihrer Ordnungsliebe verabschieden“, so Betsch. „Schon ein Quadratmeter Vielfalt hilft der Umwelt eine Menge.“