Weihnachtsgeschichte in neuem Gewand

In der Büdericher Christuskirche ist beim Krippenspiel auch Platz für die Merkel-Raute und zwei NSA-Agenten. Ein Probenbesuch.

Foto: Ulli Dackweiler

Ein großer heller Stern erleuchtet die Szene. Gerade hat der Kinderchor der evangelischen Gemeinde Büderich unter der Leitung von Julia Zimmermann „Ihr Kinderlein kommet“ gesungen, da unterbrechen zwei zwielichtige Gestalten die Kindervesper in der Christuskirche. Mit Anzug, Sonnenbrille und Laptop wollen sie so gar nicht in einen Weihnachtsgottesdienst passen. Verschwörerisch schauen sie sich um und tauschen Informationen aus: „Dort sitzt doch Herr Meier. Der hat schon drei Punkte in Flensburg.“ „Und dort Frau Mustermann, die hat einen Liebhaber im Nachbardorf.“ Wer sind die beiden und was haben sie vor?

Zwei hochnäsige Bürgerinnen, gespielt von Clara Larhusen und Josephine Arndt

Schon zum 25. Mal hat Pfarrer Wilfried Pahlke zu Heiligabend eine moderne Version des traditionellen Krippenspiels verfasst, die „Mit Sicherheit die Überraschung Gottes“ heißt. Neben den klassischen Akteuren tauchen darin Personen aus der Jetztzeit auf, die verdeutlichen sollen, dass die Weihnachtsgeschichte auch heute noch passt. Ben Büchle und Joern Hoppe verkörpern die Agenten der NSA, die vermeintlich den vollen Überblick haben. Welche Informationen werden die Agenten aus der Christuskirche mitnehmen und wie werden sie diese interpretieren? Ein neuer König? Ein neuer Machthaber? Der könnte sich zu einer weltpolitischen Bedrohung entwickeln. Da ist Vorsicht geboten. Büchle und Hoppe sind schon seit über 20 Jahren in wechselnden Rollen im Theaterstück zu Heiligabend zu sehen und haben immer noch Freude daran. Neben ihnen spielen 20 weitere Akteure, die meisten sind Konfirmanden. Sie verkörpern römische Soldaten, Hirten und Engel, so wie sie in der Weihnachtsgeschichte im Lukas-Evangelium vorkommen. Dazu natürlich Maria und Josef (Melanie Klasen und Maximilian Lonn), die dem hochheiligen Paar Konturen verleihen.

Besonders Josef tritt aus seiner Rolle als bloßer Laternenträger im Stall, von dem in der Bibel kein einziges persönliches Wort überliefert ist. Er entpuppt sich als Mitglied der Volksfront von Judäa, die dem römischen Besatzungsregime kritisch gegenüber steht, und der auch schon mal eine kesse Lippe riskiert. „Was soll diese Volkszählung? Hat der Kaiser nicht schon genug Geld?“ Doch auch er muss sich beugen, seine Werkstatt schließen und mit seiner schwangeren Frau nach Bethlehem reisen. Optimistisch kommentiert er: „Wir schaffen das!“ — und formt mit den Händen die Merkel-Raute.

Dieses Geschehen wird nicht nur von der NSA misstrauisch beobachtet, sondern von zwei neugierigen Klatschweibern aus Nazareth kommentiert. „Hast du schon gehört? Die Maria soll schwanger sein, und das nicht mal von ihrem Mann!“ Klara Larhusen und Josephine Arndt stellen diese beiden hochnäsigen Bürgerinnen trefflich dar. Auch sie müssen nach Nazareth reisen — und schnappen Maria und Josef das letzte Zimmer in der Herberge weg, so dass das Christuskind im Stall geboren wird. Nicht nur Maria ist verzaubert, auch Josef merkt, dass etwas ganz Besonderes geschehen ist: „Das Kind lächelt, als würde die Welt stehen bleiben.“ Und singt dazu: „An Tagen wie diesen...“

Josef, gespielt von Maximilian Lonn, über den neugeborenen Jesus

Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Wie Lukas erzählt, erscheinen Engel den Hirten auf dem Felde und sagen: „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.“ Ein neugeborenes Kind, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend soll der Herr sein? Das können weder die Hirten noch die NSA-Agenten fassen. Doch das Weltgeschehen nimmt seinen Lauf: König Herodes zwingt laut Matthäus-Evangelium die heilige Familie zur Flucht in ein fremdes Land.

„Die Probleme sind seit 2000 Jahren die gleichen geblieben“, sagt Pfarrer Pahlke. „Krieg, Tod, Flucht und Vertreibung.“ Das mache die Weihnachtsgeschichte immer wieder aktuell. Denn mit Jesus sei die Hoffnung in die Welt gekommen, dass die Liebe allen Streit überwinden könne. Wie es die Engel den Hirten ankündigen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“