340 Fahrräder wieder flott gemacht

Die Werkstatt ist für ihre Begründer nicht nur deswegen ein Erfolg. Sie gilt auch als praktisches Beispiel für die Integration von Flüchtlingen.

Foto: Lothar Berns

Kaarst. Das Fahrrad steht auf dem Kopf, ein Reifen ist abmontiert, und Manfred Töpper untersucht gerade fachmännisch den Schlauch auf Löcher. Mazin Mustafa (54, aus dem Irak) prüft mit ölverschmierten Händen die Bremsen, während Michael Okoduwa (27, aus Nigeria) am Laptop sitzt und die Excel-Tabellen der gespendeten Räder durchsieht. Dann kommt noch Aminu Yunus (37, aus Ghana) vom Sprachunterricht zurück, um gemeinsam mit Kingsley Mmewuo (35, aus Nigeria) die Räder wieder flott zu machen. Alle zusammen bilden die Mannschaft, die unter Leitung von Herbert Palmen, ehemaliger Feuerwehrchef der Stadt Kaarst, und Alfred Therstappen-Honjo, pensionierter Pädagoge, jeden Montag, Mittwoch und Freitag von 11 bis 14 Uhr vollen Einsatz im Souterrain des Evangelischen Kinder- und Jugendzentrums „Haus Regenbogen“ an der Elchstraße zeigt.

„Beim Start im September haben die Helfer praktisch bei Null angefangen“, erzählt Therstappen-Honjo. „Mit großem Fleiß, Zuverlässigkeit und regelmäßigem Kommen haben sie es geschafft, viele Reparaturen selbst ausführen zu können. Gleichzeitig erweitern sie ihre Deutschkenntnisse. Das ist praktische Integrationsarbeit“, fasst er zusammen.

340 Fahrräder warten auf neue Besitzer, weitere 100 stehen in einem Lager der Kindertagesstätte an der Bussardstraße. „Jeden Freitag leihe ich mir einen Pritschenwagen vom Bauhof und hole die Räder ab“, erzählt Palmen, der Initiator der Fahrradwerkstatt. Anschließend wird jedes Rad fotografiert, mit einer Markierung versehen und in einer Datei registriert. „Falls wir die Reparatur nicht selbst hinbekommen, hilft uns das ,Haus der Räder’ großzügig weiter“, sagt Palmen. Auch der Hagebaumarkt spendet benötigtes Material für das Ersatzteillager. „Es ist uns wichtig, dass wir keine Konkurrenz zu den Geschäften sein wollen, deshalb verkaufen wir nur ganz selten hochwertige Räder an Bürger“, betont Palmen. Die reparierten Räder werden sonst ausnahmslos an Flüchtlinge weitergegeben. Das Sozialamt legt fest, wer ein Fahrrad benötigt, und gegen diese Bescheinigung werden die Räder vermittelt. Die neuen Besitzer haben zehn Euro für das Schloss zu zahlen, für ein besonders hochwertiges Rad müssen sie noch etwas drauflegen.

Nicht immer laufe die Ausgabe ganz reibungslos ab. „Einzelne Flüchtlinge haben ein gewisses Anspruchsdenken und möchten keine so genannten ,Bahnhofsräder’. Nehmen sie nichts, bekommen sie aber auch keine zweite Bescheinigung“, sagt Therstappen-Honjo. Sollten an den Rädern erneut Schäden auftreten, bietet die Werkstatt in jeder zweiten Woche Hilfestellung bei Reparaturen an.