Ambulanz wird zum Angstraum

Am Lukaskrankenhaus berichten die Mitarbeiter von zunehmenden Anfeindungen — vor allem in der Kinderambulanz.

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Neuss. Für viele Ärzte und Helferinnen ist das mulmige Gefühl bei der Nachtschicht ein treuer Begleiter. Die Angst vor Beleidigungen, Drohungen oder sogar körperlichen Übergriffen arbeitet stets mit. Das ist auch im Neusser Lukaskrankenhaus nicht anders. Was dort jedoch besonders auffällig ist, sind die sich häufenden Vorkommnisse in der Kinderklinik-Ambulanz. „Wir haben es dort immer öfter mit aggressiv reagierenden Eltern zu tun — meistens Väter“, sagt Guido Engelmann, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am „Lukas“. In den meisten Fällen würden Krankenschwestern beleidigt oder bedroht. Ein Vater warf sogar mit Stühlen, weil er mit der Behandlung seines Kindes nicht zufrieden gewesen ist.

„Manche Patienten erwarten von uns, dass wir nachts mit voller Kapazität für alle Fragen sofort zur Verfügung stehen“, so Engelmann. Doch die Wartezeiten sind oft lang — und die Stimmung entsprechend gereizt. Vor rund einem Jahr sah sich das Lukaskrankenhaus deshalb gezwungen, aus der Einzelschicht des nächtlichen Sicherheitsdienstes eine Doppelschicht zu machen. Durch den zweiten Mann sollte der Fokus auch mehr auf die Kinderklinik gerichtet werden, um das Sicherheitsgefühl des Personals zu erhöhen. „Sie drehen ihre Runden so, dass sie in der Nähe der jeweiligen Ambulanz sind“, sagt Marco Nikolai, Abteilungsleiter Betrieb. Das heißt jedoch: Sie sind nachts nicht permanent am Posten. „Wenn sich der Ton weiter verschärft, wird das aber irgendwann nötig sein“, sagt Engelmann. Im Ernstfall kann die Security aber über einen Notfallknopf alarmiert werden und schnell reagieren.

Dann ist Peter Kerschen gefragt. Der 53-Jährige war der erste Sicherheitsmann am „Lukas“. Er dreht dort bereits seit acht Jahren seine Runden. „Oft reicht unsere Anwesenheit. Manchmal drohen wir auch mit einem Hausverweis“, sagt Kerschen, in dessen Tätigkeitsbereich die Erwachsenenambulanz fällt, wo es ebenfalls regelmäßig zu Anfeindungen kommt. In Extrem-Fällen wird die Polizei gerufen. Wie damals, als es zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Familienklans gekommen ist. Angst habe er keine, sagt der 53-Jährige, wohl aber das zu Beginn bereits erwähnte mulmige Gefühl. Nicht immer bleiben die Attacken verbal. So zog er sich eines Nachts eine Prellung an der Hand zu. „Da ist einer durchgedreht und hat mit Glasflaschen geworfen“, sagt Kerschen. Verletzt wurde er jedoch mit einem Tablett, mit dem der Mann ausholte.

Auch im Johanna-Etienne-Krankenhaus lässt man das Personal und die Patienten nachts nicht allein. „Wir haben einen Sicherheitsdienst, der in den Abend- und Nachtstunden durch das gesamte Haus läuft und bei Bedarf hinzugerufen werden kann“, sagt eine Sprecherin des Krankenhauses.