Ausstellung in Zons: Freundschaftstassen - Widmungen mit Goldrand

Ausstellung im Kreismuseum zeigt Sammlung mit Biedermeierporzellan.

<strong>Rhein-Kreis Neuss. Brav-bürgerlich, sachlich, unaufgeregt zwischen Nähgarn und Platzdeckchen in geordneten Verhältnissen - bieder eben. So stellt man sich gemeinhin die Biedermeierzeit vor. Untrennbar mit der Zeit verbunden sind die Freundschaftstassen, die oft in den Glasvitrinen der kargen Wohnstube ein wohlbehütetes Plätzchen fanden. Eine Ausstellung mit 130 Exponaten ist derzeit im Kreismuseum in Zons zu sehen - sie räumt ein Stück weit auf mit den Assoziationen zur Biedermeierzeit. "Es gibt kaum eine Epoche, die so missinterpretiert wurde wie diese", sagt Museumsleiterin Angelika Riemann. Statt sachlicher Nüchterheit zeigen die Freundschaftstassen eine Gefühlsbetontheit, die in heutiger Zeit oft kitschig und übertrieben anmute. In der damaligen Zeit sei das jedoch eine Welt gewesen, die neu entdeckt und zwischen 1800 und 1850 auf den Tassen zelebriert wurde. "Freundschaften und Beziehungen waren vorher lediglich juristischer Art, Zweckgemeinschaften, die dem Netzwerk dienten und nicht auf romantischen Gefühlen oder seelischer Verbundenheit beruhten", erklärt Riemann. Auf den Tassen zeigt sich eine Formensprache, die sich manchmal erst auf den zweiten Blick erschließt. Blumen sagen mehr als tausend Worte, entdeckten die "Meister der Gesten": Vergissmeinnicht, Rosen, Eichenlaub und Glücksklee zieren die meisten der Tassen und ersetzen oft ganze Worte der kunstvoll geschriebenen Sprüche. "Es fällt auf, dass die Besucher oft lange in der Ausstellung verweilen, weil es viel zu lesen und unzählige Details auf den Tassen zu entdecken gibt", freut sich Riemann, die die Ausstellung vom Bielefelder Museum Huelsmann nach Zons holte.

Liebesschwüre und Gedichte sind auf den Tassen zu lesen

Neben Gunstbeweisen und Liebensschwüren finden sich auch philosophische Themen als Spruchweisheiten wie etwa "Es fließen in dem Strom des Lebens, Leid und Freuden nicht vergebens". Ganze Gedichtverse sind auf den Tassen zu lesen und finden ihre Fortsetzung auf den Untertassen. Alles andere als zurückhaltend ist dabei mitunter die Farbgebung: überraschendes Gelb, fröhliches Grün sind zwischen zartem Rosa und der damaligen Modefarbe Schwarz zu finden. Und fast nie fehlt der kunstvolle Goldrand.

Verschenkt wurden aber auch Trauertassen, die Trost spenden sollten. Sehr aufwändig gestaltet sind die patriotischen Tassen, die sich meist gegen die Herrschaft der Franzosen richteten und die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 thematisieren.

Die Sammlung ist von der Erbengemeinschaft des Fabrikanten Homann an das Bielefelder Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Ein umfangreicher Katalog zur Sammlung und Ausstellung - herausgegeben von der Kuratorin Hildegard Wiewelhove - ist im Kreismuseum zu kaufen.