Die Schlafplätze für Obdachlose in Neuss reichen nicht mehr aus

Die Politik will nun die „Hin- und Herberge“ erweitern und das Personal aufstocken.

Neuss. Der Sachbericht der Verwaltung war ein Hilferuf — und so fasste ihn die Politik auch auf. Und sie reagierte — auf Antrag der Fraktion „Die Linke“. Das Personal für die Notschlafstelle „Hin- und Herberge“ am Derendorfweg wird aufgestockt, eine bauliche Erweiterung angestrebt. Damit will die Stadt das Problem zunehmender Obdachlosigkeit wieder besser in den Griff bekommen. Ohne das, so fasste Sozialdezernent Stefan Hahn jüngst im Sozialausschuss zusammen, „müssten wir Obdachlose abweisen.“

Menschen ohne festen Wohnsitz ein Dach über dem Kopf zu bieten, gehört zu den Pflichtaufgaben der Stadt. Für Männer ohne Obdach unterhält sie dazu das „Haus Lebensbrücke“, wo Wohnungslose dazu angeleitet werden, wieder selbstständig klar zu kommen, und die Notschlafstelle am Derendorfweg. Weil obdachlose Frauen eher selten um ein Dach über dem Kopf bitten, werden sie derzeit in preiswerten Hotels untergebracht. „Das klappt noch“, sagt Hahn, perspektivisch tue sich aber auch da eine Baustelle auf.

Am Derendorfweg sind Not und Handlungsdruck schon jetzt unübersehbar. Maximal 20 Plätze hat die Einrichtung, was angesichts überschaubarer Belegungszahlen in der Vergangenheit ausreichend erschien. Seit März allerdings wird die Einrichtung von Schutzsuchenden fast überrannt. Bis zu 30 Männer klopfen Abend für Abend an, so dass schon der Aufenthaltsraum zum Schlafsaal umgewandelt werden musste. Und die kalte Jahreszeit kommt erst noch.

Für Hahn hängt die Zunahme von Wohnungslosigkeit unmittelbar mit der wachsenden Flüchtlingszahl zusammen. Denn auf dem Wohnungsmarkt wird es immer enger. Susanne Benary-Höck (Grüne) hielte es angesichts dieser Entwicklung für angezeigt, wenn der Kreis auch die Miete der Hilfeempfänger bezahlt, deren Wohnungsgröße eigentlich nicht angemessen scheint. Denn hat jemand erst seine Wohnung verloren, kann er — das zeigen die Erfahrungen der Fachstelle für Wohnungsnotfälle — im Gegensatz zu früher kaum mehr vermittelt werden. Die „Hin- und Herberge“ — eine Sackgasse.

Und die Politik stellt die Frage, ob der Bauverein in dieser Situation daran festhalten kann, Wohnungssuchenden mit einer schlechten Schufa-Anfrage einen Mietvertrag zu verweigern.

Mittelfristig wird die Frage gestellt werden müssen, ob und wo die Stadt eine Notschlafstelle unterhält. Denn nach dem Verkauf von Hammfeld II an den Möbelhausinvestor Kurt Krieger wird der Derendorfweg keine Option mehr sein.