Dormagen: „Wir sind Bayer“ – ein Werk über das Werk

Buch: Markus Raasch liefert mit seiner Arbeit ein umfangreiches Bild über den Großkonzern. Zur Recherche hat der Autor und Wissenschaftler mit mehr als 50 Zeitzeugen gesprochen.

Dormagen. Markus Raasch hat mit "Wir sind Bayer" ein Zeitzeugnis zum Mythos der Familie Bayer geschrieben, welches zugleich eine Mentalitätsgeschichte der deutschen Industriegesellschaft des rheinischen Dormagen ist. Das wissenschaftliche Werk des Autors beschäftigt sich mit den sich stetig verändernden Dimensionen, der Unternehmensmacht und der Kommunikation durch Bayer von 1917 bis 1997.

Das Buch beantwortet aber nicht nur wissenschaftliche Fragen, sondern befasst sich auch mit den Menschen, die Bayer verändert haben oder dem Konzern auf unterschiedliche Weise begegnet sind. Mit 50 Zeitzeugen sprach der Autor, unter anderem in Altenheimen kam er mit ehemaligen Bayer-Mitarbeitern zusammen, führte unzählige Gespräche und durchforstete Archive.

Raasch zeigt dem Leser auf, dass der Chemiefabrikant vielen Flüchtlingen nach dem zweiten Weltkrieg Arbeit gab und dass die Firma grundlegend am Aufbau der Schulen in Dormagen beteiligt war. Der Autor berichtet aber auch einiges über die Auswirkungen von Luftverschmutzung, Abfall und Störungen. Er beleuchtet das Krisenmanagement des Bayer-Konzerns an fiktiven Beispielen von Störungsfällen - und tatsächlich geschehenen Unfällen.

"Es gibt für mich mehrere Gründe, warum ,Wir sind Bayer’ lesenswert ist", sagt Markus Raasch während seiner Buchvorstellung in der Friedenskirche in Dormagen-Zons. "Das Buch erzählt von Schicksalen, es berichtet über Dormagen, beschreibt das 20. Jahrhundert und gibt Einblicke in die fatalen Auswirkungen des Nationalsozialismus in dieser Region." Außerdem biete es einen Forschungsansatz, wie eine Industriedynastie im 20. Jahrhundert das Denken und Handeln der Menschen beeinflussen kann.

Ob das 654-seitige Werk Bayer gegenüber eher kritisch oder wohlwollend sei, darüber solle der Leser selbst urteilen, meint der 29-jährige Autor, der an der Heinrich-Heine-Universität Geschichte studiert hat. "Meine Aufgabe als Wissenschaftler ist, Objektivität zu wahren."

Seiner Objektivität zum Trotz stellte er sein Werk über das Werk in der Friedenskirche in Zons vor, "weil sich hier im Grundstein Produktproben von Bayer befinden". Außerdem habe der junge Autor in der Kirchengemeinde in Zons seinen Zivildienst absolviert.