Drei Schülerinnen erringen Landessieg
Sie nehmen am Geschichtswettbewerb teil, den der Bundespräsident regelmäßig auslobt.
Neuss. Was mag der Kardinal gedacht haben, damals, als er im Hungerwinter 1946 seine Silvesterpredigt hielt? Oder als die ersten Reaktionen auf seine „Erlaubnis“ zum „fringsen“ bekannt wurden? Dass sich der Erzbischof Josef Kardinal Frings in seinen Memoiren dazu selbst nicht äußert, beflügelte die Fantasie von Ananda Steinmetz, die dem ehemaligen Kölner Oberhirten nun ein fiktives Tagebuch „untergeschoben“ hat. Eine Beschäftigung mit einem historischen Stoff, die Stadtarchivar Jens Metzdorf als „sehr kreativ und sehr reflektiert“ bezeichnet, und die auch die Experten in der Jury des Geschichtswettbewerbs überzeugte, die der Bundespräsident ale zwei Jahre auslobt. Ihr Urteil: der Landessieg.
Zur Siegerehrung am Montag in Bonn reiste die Neuntklässlerin vom Gymnasium Marienberg aber nicht alleine. Auch die Zehntklässler Henrike Edler (Marienberg) und Jennifer Stadtfelder (Realschule Holzheim) wurden als Landessieger ausgezeichnet. Die „schon ewig allerbesten Freundinnen“ (Edler) hatten „Auf den Spuren des jüdischen Lebens in Neuss“, so der Titel ihrer Arbeit, in Archiven geforscht. Neben einem Porträt des letzten jüdischen Kantors, Benno Nußbaum, kam dabei eine vergleichende Studie über die Veränderungen im alltäglichen Leben der Synagogengemeinde im Neuss des 20. Jahrhunderts zustande. In der Zeit der Weimarer Republik (1919-1933), fasst Henrike Edler zusammen, war die Gemeinde in Neuss voll integriert — was sie nur wenige Jahre später im Nationalsozialistischen Deutschland nicht vor Ausgrenzung und Vernichtung schützte.
Dieses klassische Beispiel einer „Ausgrenzung durch Religion“, wie es Metzdorf formuliert, fand nicht nur er passend für das Oberthema des Geschichtswettbewerbs: „Glaube und die Welt — Religion macht Geschichte“. Auch die Jury lobt die gelungene thematische Eingrenzung der Arbeit, die — wie die von Ananda Steinmetz — nun der Jury vorgelegt wird, die über die Vergabe eines Bundespreises zu entscheiden hat. Aber ein Landessieg, warnte Metzdorf vor allzu großen Erwartungen, sei normalerweise das Äußerste dessen, was zu erreichen ist.
Den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten gibt es seit gut 40 Jahren, doch erst seit etwa 15 Jahren bietet das Stadtarchiv interessierten Schülern breitere Unterstützung an. Das sei Teil des Bildungsauftrages, wie ihn das Haus heute lebt, sagt Metzdorf. Den Kontakt zu den Schulen hält dabei Annekatrin Schaller, die die Jugendlichen in dem halben Jahr, in dem sie neben der Schule an ihrem Wettbewerbsbeitrag arbeiten, unterstützt. Das Archiv mache Themenvorschläge, und stelle Material zur Verfügung, sagt Schaller, die Feuer und Flamme für den Wettbewerb ist: „Wir arbeiten mit Originalquellen „und vermitteln so, dass Geschichte gemacht wird.“ Preise zu erringen, sei nicht das Wichtigste, sagte Metzdorf: „Wichtig ist, trotz Durststrecken und Krisen am Ende anzukommen“ — und die Arbeit abzuschließen.