Skandal Hitlergruß im Flüchtlingsheim? Staatsschutz ermittelt

"Anfangsverdacht auf eine Straftat": In Grevenbroich sorgen von Zeugen geschilderte Vorfälle in einem Flüchtlingsheim für einen Skandal. Der Hausmeister soll regelmäßig den Hitlergruß gezeigt haben.

Grevenbroich. Im Fall des Hausmeister-Skandals im Flüchtlingsheim an der Erckensstraße ermittelt der Staatsschutz Düsseldorf. „Es besteht ein Anfangsverdacht auf eine Straftat“, sagte ein Sprecher. „Deshalb werden wir tätig.“ In einem ersten Schritt werde die Behörde nun in Kontakt mit der Stadtverwaltung treten, um sich den Sachverhalt schildern zu lassen.

Dabei wird es auch um Videomaterial gehen, das einer Kölner Boulevardzeitung zugespielt wurde. Der offenbar mit einem Smartphone aufgenommene, nur wenige Sekunden lange Film zeigt den Hausmeister, wie er in seinem Büro den rechten Arm hebt. „Uns interessiert, woher diese Aufnahmen stammen, wer sie wann und wo gemacht hat“, sagt der Staatsschutz-Sprecher. Der Grevenbroicher Sozialdezernent Claus Ropertz hat die Zeitung darum gebeten, das Video der Stadt zur Verfügung zu stellen. Vermutet wird, dass der Clip schon etwas älter ist und in den Wintermonaten, wahrscheinlich im Januar entstand — darauf deutet auch die Kleidung des in der vergangenen Woche freigestellten Stadtbediensteten hin. Er trägt einen Pullover.

Wie berichtet, hat die Verwaltung am Freitag den langjährigen Mitarbeiter freigestellt. Seit einem halben Jahr war er in dem zur Unterkunft umgebauten ehemaligen Finanzamt tätig. Ihm wird vorgeworfen, den Dienst morgens mit dem „Hitlergruß“ begonnen zu haben. Dabei soll der Angestellte vor einer kleinen Karnevals-Puppe salutiert haben — auch deren rechter Arm war nach oben gestreckt.

In der vergangenen Woche seien Rathaus-interne Hinweise auf das fragwürdige Verhalten des Mitarbeiters bei ihm eingegangen, berichtet Dezernent und Personalchef Claus Ropertz: „Das hat Anlass für Nachforschungen gegeben.“ Mehrere Zeugen, „die mutmaßlich zur Aufklärung beitragen konnten“, und auch der Hausmeister selbst seien von ihm gehört worden. „Danach wurden sofort Konsequenzen gezogen“, sagt Ropertz. Über mögliche weitergehende Schritte will der Verwaltungsvorstand beraten. Gestern war noch nicht entschieden, ob die Stadt einen Strafantrag stellen wird.

Der Nazi-Gruß im Flüchtlingsheim beschäftigte auch die Grevenbroicher Kommunalpolitiker. „Ein ungeheuerlicher Vorgang“, kommentiere Horst Gerbrand, Vorsitzender der SPD-Fraktion: „Es darf nicht sein, dass Menschen, die unseres besonderen Schutzes bedürfen, mit rechtsradikalen Elementen konfrontiert werden.“ Dass die Stadt rasch gehandelt und den Mitarbeiter freigestellt habe, sei nur konsequent gewesen.

„Jetzt darf aber nicht zur Tagesordnung übergegangen werden“, warnt Gerbrand. „Sensible Bereiche der Verwaltung, die unmittelbaren Kontakt mit Bürgern haben, müssen nun genau unter die Lupe genommen werden“, sagt er. Dabei sei den Mitarbeitern deutlich zu machen, „dass es für eine rechte Gesinnung null Toleranz gibt“. Die rasche Freistellung des Hausmeisters wertet Horst Gerbrand als einen „ersten Warnschuss in diese Richtung“.

Wolfgang Kaiser, Fraktionschef der CDU, forderte Bürgermeister Klaus Krützen und Sozialdezernent Claus Ropertz gestern dazu auf, den Rat „lückenlos über die unfassbaren Vorgänge“ aufzuklären. Was Kaiser bedauert: Der Fall habe für ein bundesweites Medienecho gesorgt und der Stadt Grevenbroich dadurch einen „erheblichen Image-Schaden“ zugefügt.

Nach Meinung der Grünen hätte die Verwaltung genauer überprüfen müssen, wen sie als Hausmeister in einem Flüchtlingsheim mit 130 Asylbewerbern einsetzt. „Dafür sind sensible Mitarbeiter mit Einfühlungsvermögen erforderlich“, sagt Ratsherr Peter Gehrmann. „Es sollte jetzt eine verwaltungsinterne Überprüfung erfolgen, damit sich so etwas nicht wiederholt.“ Markus Schumacher, Vorsitzender der FDP-Fraktion, geht davon aus, dass der Staatsschutz „die im Raum stehenden skandalösen Vorgänge schnell prüfen und entsprechende Konsequenzen“ ziehen werde.

Das Video aus der Hausmeister-Loge des ehemaligen Finanzamtes wurde gestern mehrfach auf der Plattform „Youtube“ im Internet geteilt — darunter auch von einschlägigen Gruppen, die einen Stahlhelm tragenden Landser oder ein schwarzes Fadenkreuz auf rotem Grund in ihren Profilbildern zeigen. Die darunter zu lesenden Kommentare verharmlosten weitgehend den Vorfall in der Unterkunft. wilp