Neuss Elfjähriger in Neuss ermordet: Onkel widerruft Geständnis und beschuldigt Frau
Überraschende Wende im Prozess um einen Kindermord in Neuss: Der angeklagte Onkel des getöteten Elfjährigen widerruft sein Geständnis und beschuldigt nun seine Frau.
Neuss. Ein mutmaßlicher Kindermörder hat in Düsseldorf auf der Anklagebank sein Geständnis widerrufen und seine Ehefrau beschuldigt. Der 41-Jährige hatte zunächst angegeben, seinen Neffen in Neuss so schwer misshandelt zu haben, dass dieser starb.
Er wurde wegen Mordes angeklagt. Nach rund 250 Tagen Untersuchungshaft war er von seiner Version abgerückt: Er habe mit Kopfhörern im Wohnzimmer gesessen und gar nicht mitbekommen, was hinter seinem Rücken in seiner Wohnung passiert sei, sagte er am Mittwoch am Düsseldorfer Landgericht. Bereits am Freitag hatte er sein Geständnis widerrufen.
Er habe seinen Neffen in der Schule vermutet, aber irgendwann sei seine Frau zu ihm gekommen und habe gesagt, sie habe einen „Rumms“ aus dem Bad gehört. Die Badezimmertür klemme und der Elfjährige sei darin. Die Tür habe sich aber von ihm problemlos öffnen lassen, berichtete der Angeklagte.
Er habe den bewusstlosen Jungen aus der Badewanne geborgen und Verletzungen an seinem Körper bemerkt. Später habe ihm seine Frau auf mehrere Nachfragen angedeutet, „dass etwas passiert“ sei. Der Neffe habe sich auf den Toilettendeckel gestellt und sie veralbert, als er duschen sollte. Da habe sie ihm „runtergeholfen“. „Er landete in der Wanne.“ Sie habe auch eingeräumt, heißes Wasser aufgedreht zu haben. Als er ins Bad gekommen sei, sei das Wasser zwar aufgedreht gewesen, aber eiskalt. Der Junge hatte schwere Verbrühungen erlitten.
Als er den Jungen reanimiert und seine Frau gebeten habe, den Rettungswagen zu rufen, habe sie ihm gesagt, es gehe keiner ran. Er habe dann selbst den Notruf gewählt und sofort jemanden erreicht.
Tage zuvor habe ihm bereits sein ältester Sohn erzählt, dass der Neffe mehrfach von seiner Frau geschlagen worden sei. Der Neffe habe dies ihm gegenüber selbst auch angedeutet. Er habe seine Frau gebeten, wegen der sichtbaren älteren Verletzungen mit dem Kind zum Arzt zu gehen. Sie sei aber nicht gegangen.
Dennoch will er ihr nach der Tat versprochen haben, die Schuld auf sich zu nehmen: „Keine Sorge, ich nehme das auf meine Kappe.“ Der Polizei hatte der 41-Jährige erzählt, er selbst habe die Beherrschung verloren. Seine Frau sei zur Tatzeit Einkaufen, bei einem Arzt und in einer Apotheke gewesen. Da sei er davon ausgegangen, dass der Elfjährige überlebe und es um ein Verfahren wegen Körperverletzung gehen werde.
Das Kind starb aber einige Tage später an seinen schweren Verletzungen und der 41-jährige Onkel wurde wegen Mordes angeklagt. Die Anklage wirft dem wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraften Mann vor, dem Jungen im Badezimmer einen so heftigen Schlag versetzt zu haben, dass dieser im vergangenen Jahr rückwärts in die Badewanne flog und bewusstlos wurde.
Dann soll er, angeblich um das Kind zu wecken, diesem so heißes Wasser über den Kopf gegossen haben, dass der Elfjährige schwere Verbrühungen erlitt. Obwohl der 41-Jährige erkannt habe, dass der Junge sich in einem kritischen Zustand befand, soll er dann kaltes Wasser in die Badewanne eingelassen und den Jungen seinem Schicksal überlassen haben. Erst als der den Jungen für tot hielt, habe er den Notruf gewählt. Die Staatsanwaltschaft wertet das Geschehen als sogenannten Verdeckungsmord.
Den Rettungskräften war es zunächst gelungen, den Jungen wiederzubeleben. Er hatte aber eine Hirnschwellung erlitten. Als die lebenserhaltenden Geräte zwölf Tage später abgeschaltet wurden, war das Kind sofort gestorben. dpa