Graffiti ins Museum geholt
Sieben internationale Künstler zeigen ihre Werke ab Sonntag in „boys boys boys“.
Neuss. Streetart im Museum ist eine schwierige Sache und wird nicht nur im Kunstbetrieb viel diskutiert. „Das ist überhaupt keine Kunst“, behaupten die einen. „Ist sie doch, aber im Museum verliert sie ihre Authentizität“, die anderen.
Die Ausstellung „boys boys boys“, die am Sonntag in der Alten Post eröffnet wird, zeigt, wie entspannt man das Thema angehen kann. Die Kuratoren Klaus Richter und Konstantin Zaika haben ein Konzept erarbeitet, das mit den Begriffen „drinnen und draußen“ spielt.
Bereits 2011 war für die aufsehenerregende Ausstellung „outsidein“ die Stadt in die Räume der Alten Post geholt worden. Eine U-Bahn-Station, ein Pub, ein Marktplatz und ein Kino wurden im Inneren nachgebaut und bildeten so die Fläche für die Werke der teilnehmenden Künstler.
In diesem Jahr ist der Gedanke konsequent weitergedacht worden. Mit dem Nachbau einer verlassenen Fabrikhalle hat man ein weiteres Stück „natürlichen Lebensraum“ der Sprayer- und Graffiti-Szene ins Warme geholt.
Neonröhren verbreiten unter der Decke kaltes Licht, die hohen Fenster sind komplett verkleidet, und sogar der Boden der Ausstellungsräume ist mit einem betonähnlichen Material ausgekleidet: das perfekt triste Surrounding für die großformatigen bunten Murals (Wandgemälde), Skulpturen und Installationen der sieben internationalen Künstler.
Der Brasilianer Binho Ribeiro ist fast schon ein Veteran der weltweiten Streetart-Szene. Er ist Gründer des größten Straßenkunstmuseums in Sao Paulo, des „Project Museum of Urban Art“, er zeichnet und sprayt seit der Kindheit. Er hat für die Schau unter anderem ein altes Autowrack aufgerichtet und gestaltet. Den alten Haufen Blech ziert nun eine überdimensionale bunte Eule, eine Art Markenzeichen seiner Arbeiten.
Einen weiten Weg nach Neuss haben auch Worm und Kamar auf sich genommen. Die Moskauer zeigen großflächige Wandgemälde. Alessandro Etnik entstammt einem kleinen Dorf in der Toskana, hat sich aber international schon einen Namen gemacht. Er zeigt neben Wandgemälden auch plastische Arbeiten, die sich mit den Themen Natur und Urbanisierung auseinandersetzen.
Aus der Düsseldorfer Szene kommen drei Künstler mit den Pseudonymen Ami, Kj263 und 263. Hinter Kj 263 verbirgt sich übrigens Mitkurator Konstantin Zaika, dessen exzellenten Kontakten nicht zuletzt auch das Zustandekommen dieser hochkarätigen Ausstellung zu verdanken ist.
Zaika selbst sieht den größeren Verdienst allerdings bei jemand anderem: „Mit Klaus Richter haben wir einen unheimlich wichtigen Förderer gefunden. Er hat Streetart im Rhein-Kreis Neuss auf ein völlig neues Level gehoben.“