Grevenbroich: Frank Jablonski - Herr über das Stahl-Ungetüm

Frank Jablonski lenkt seit 26 Jahren einen riesigen Bagger im Braunkohle-Tagebau Garzweiler II.

Rhein-Kreis Neuss/Grevenbroich. Drei bis vier Minuten braucht die Schicht mit dem Auto. So lange sind die vier Männer unterwegs, um zu ihrem Bagger 288 im Braunkohletagebau Garzweiler II zu kommen. Ihr Allrad-Geländewagen gräbt sich durch den lockeren Sand der Mondlandschaft.

Sand wie auf den Nordseeinseln Bornholm oder Sylt, denn vor ein paar Millionen Jahren reichte die Nordsee bis hierher. Dann stehen sie vor den zwölf Füßen, die die 14000 Tonnen Gewicht des gigantischen Gerätes großflächig auf den Boden des Tagebau-Kraters übertragen. Auf diesem Bagger werden sie die nächsten acht Stunden verbringen.

Bis zu einer Höhe von 40 Metern läuft Baggerfahrer Frank Jablonski über die mit Geländern gesicherten Gitterroste hinauf zu der Fahrer- Kanzel des 250 Meter langen und 90 Meter hohen Kolosses. Dort bedient der 48-Jährige seit 26 Jahren das Schaufelrad mit einem Durchmesser von 21,5Meter.

Er beobachtet konzentriert, wie sich die Schaufeln Schicht für Schicht mühelos durch die Erde graben, als wäre sie warme Butter. Einer seiner Füße steht ständig auf einem so genannten "Tod-Mann-Schalter". Wenn er ihn loslässt, stoppt der Bagger sofort. Eine Sicherheitsmaßnahme.

Manche der Schichten aus Sand sind grau und gelb, und werden an den Stellen wieder abgelagert, die regeneriert werden. Andere sind braun.

Das ist die Braunkohle, der die Mühen hier gelten. Sie ist aus Bäumen entstanden, die hier vor zehn bis 14 Millionen Jahren wuchsen, und die teilweise noch zu erkennen sind. Der Bast ihrer Rinde windet sich bisweilen um die Gelenke der Schaufeln. "Manchmal fragt man sich schon, was man hier weg baggert", sagt Jablonski. Bis 2045 sollen die Schätze, mit denen man billig Energie erzeugt, aus dem Boden geborgen sein.

Jede der Schaufeln fasst sechs Kubikmeter, ein Volumen, in dem man locker einen Smart unterbringen könnte. Rechts von Jablonski ist ein Bildschirmterminal. Auf dem mittleren zeigt ein GPS-System die genaue Lage des Baggers, "bis auf zehn Zentimeter genau", sagt der Baggerfahrer.

Der Bagger ist zwischen 30und 40 Jahren alt, "aber der wird laufend nachgerüstet, damit er auf dem neuesten Stand der Technik ist". Jablonski erkennt im Bereich des Schaufelrades eines der Brunnenrohre, durch das der Tagebau entwässert wird. "Früher mussten wir das mit Karten ermitteln", erzählt er. Das muss jetzt weggeschaufelt werden. "Ich setze mich jetzt auf den Brunnen", meldet Jablonski per Funk an den Schichtleiter. "Ist okay", krächzt es zurück.

Auf einen sanften Druck an einem Steuerungshebel hebt er das Schaufelrad und dreht es in der Luft weiter nach links. Der Bildschirm zeigt, wie es sich rotierend über das etwas 30 Zentimeter dicke Brunnenrohr schiebt.

Unter dem Druck der Schaufeln zerbirst es, Teile bröseln auf die 30 Meter tiefere Geländesohle. Die Reste werden weggeschafft, genau wie die durchschnittlich 240000 Kubikmeter, die hier pro Tag gefördert werden.

Nach zwei Stunden wird Jablonski von einem Kollegen abgelöst. Jetzt macht er Kontrollgänge auf dem Bagger und Pause im Aufenthaltsraum, in dem sich Spinde der Mannschaft, ein Mikrowelle und eine Toilette befinden. Das Ungetüm aus Metall ist noch sechs Stunden lang sein zuhause, mitten in einer Mondlandschaft.