Grevenbroich hat zu wenig Erzieher
Die Stadt liegt damit im traurigen Trend. Bundesweit herrscht ein Mangel an Fachkräften in Kindertagesstätten.
Grevenbroich. Erzieher sind derzeit begehrter denn je — weil sie überall händeringend gesucht werden, auch in Grevenbroich. Die Bertelsmann Stiftung, die seit 2007 regelmäßig die frühkindlichen Bildungssysteme aller Bundesländer untersucht, kommt zu dem Ergebnis, dass bundesweit aktuell 107 000 Fachkräfte fehlen. Dahinter steht die Frage: Was ist ein kindgerechtes Betreuungsverhältnis? Also: Um wie viele Kinder sollte sich eine Kita-Fachkraft maximal kümmern müssen, damit das Kind profitiert?
Die gute Nachricht ist: Die Qualität der Bildung und Betreuung in deutschen Krippen und Kindergärten steigt. Auf einen Erzieher kommen im Durchschnitt weniger Kinder als vor drei Jahren. Bundesweit ist zum 1. März 2015 eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft für durchschnittlich 4,3 ganztags betreute Krippen- oder 9,3 Kindergartenkinder zuständig. Vor drei Jahren kamen auf eine Erzieherin noch 4,8 Krippen- beziehungsweise 9,8 Kindergartenkinder.
Ines Hammelstein, Stadtsprecherin
Nach den Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung sollte sich eine Erzieherin um höchstens drei unter Dreijährige oder 7,5 Kindergartenkinder kümmern. In Grevenbroich kommen auf 1106 städtische Kita-Plätze — 909 für Über-Dreijährige und 197 für Jüngere — 135 vollzeitverrechnete Erzieher-Stellen. „Das Betreuungsverhältnis für die beiden Bereiche lässt sich nicht genau berechnen, weil wir auch altergemischte Gruppen für Kinder ab zwei Jahren haben“, sagt Stadtsprecherin Ines Hammelstein. „Für das Kindergartenjahr 2016/2017 ist auch alles gesichert — Eltern brauchen sich keine Sorgen über vakante Stellen zu machen. Dennoch werden ständig Erzieher gebraucht, Bewerbungen sind jederzeit willkommen.“
Ein Grund für den Fachkraftmangel im Betreuungsbereich, da sind sich alle Träger einig, ist eine Gesetzesänderung. Seit dem 1. August 2013 gilt der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder ab einem Jahr in ganz Deutschland. Er soll die „frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege“ garantieren. „Seither müssen die Gemeinden und freien Träger etwas tun, um sich als Arbeitgeber attraktiv zu machen“, sagt Ines Hammelstein. „Zum Beispiel über Angebote in den Bereichen Fortbildung und Gesundheitsmanagement.“
Die Deutschordens Jugend- und Familienhilfe in Elsen etwa beschreitet schon seit geraumer Zeit eigene Wege. „Wir gehen nach dem Prinzip ,Der frühe Vogel fängt den Wurm’ vor — das hat sich bewährt“, sagt Vorstand Peter Pick. So werden schon Praktikanten auf die Vorzüge der Einrichtung aufmerksam gemacht — mit der Aussicht auf einen künftigen Job. Die Leitung des Deutschordenskindergartens steht zudem in engem Kontakt zu den Fachhochschulen und stellt die Kita potenziellen Interessenten über die Internet-Plattform „Facebook“ vor. „Diese Bemühungen haben sich gelohnt — und haben uns in eine gute Ausgangsposition gebracht“, sagt Pick: „Mit 16 Erzieherinnen ist der unser Kindergarten voll belegt.“