Im Schlachthof soll wieder geschlachtet werden
Amir Baharifar hat im Barbaraviertel einen Fleischzerlegebetrieb gegründet. Er will den Betrieb um eine Schlachtanlage erweitern. Dafür wird er von verschiedenen Seiten angefeindet.
Nordstadt. Im alten Schlachthof im Barbaraviertel hat Ende Oktober wieder ein Fleichzerlegebetrieb den Betrieb aufgenommen. Aus der „Fleischversorgung Neuss GmbH & Co KG“ hat Amir Baharifar eine besondere Metzgerei gemacht. Sein Unternehmen bietet halales, also im muslimischen Sinn reines Fleisch an. Und der gebürtige Perser hat Pläne: Er will den Schlachthof auch wieder als solchen führen. Gegenüber dem Veterinäramt des Rhein-Kreises wie auch gegenüber der Stadt hat Baharifar schon die Absicht angezeigt, eine neue Schlachtanlage einrichten zu wollen. „Eine veterinärrechtliche Genehmigung wurde aber noch nicht beantragt“, sagt Reinhold Jung, Pressesprecher des Rhein-Kreises.
Mit seinem Projekt hat sich Baharifar in ein echtes Minenfeld begeben. Das merkt der Unternehmer jeden Morgen, wenn er sein E-Mail-Postfach öffnet. Rechtsradikale feinden ihn an, weil er im alten Schlachthof seit kurzem halale Fleisch anbietet. Tierschützer beschimpfen ihn als Tierquäler, weil er den Fleischzerlegebetrieb um eine Schlachtanlage erweitern will. Aber auch aus den Reihen seiner Glaubensbrüder wird er angegiftet. Den „300-Prozentigen“ sei Fleisch vom Schlachthof nicht halal genug, sagt der 54-Jährige.
Der gebürtige Iraner hält dagegen: „Ich tue, woran ich glaube“, sagt der Muslim. Anfang 2013 hat Baharifar den alten Schlachthof mit dem Ziel gekauft, seinen Glaubensbrüdern Fleisch anzubieten, das den Vorgaben ihrer Religion entspricht. Das kommt derzeit vor allem aus Belgien und den Niederlanden. Dazu gehört, dass er die Hinterhofschlachtungen oder die rituelle Tötungsart, das Schächten, beendet sehen will. „Die Bestimmungen des Koran und die deutschen Gesetze sind miteinander zu vereinbaren“, sagt Baharifar.
Ob der 2004 beendete Schlachtbetrieb einfach wiederbelebt werden kann oder ob ein neues Genehmigungsverfahren angestrengt werden muss, lässt Baharifar derzeit prüfen. Sein wichtigster Ratgeber dabei ist Theodor Pohlmann, der aus der Branche ist und dem der Fleischzerlegebetrieb Mitwick gehörte. Jetzt leitet er die Produktion in der Halal-Metzgerei, die den alten Firmennamen „Fleischversorgung Neuss“ wiederbelebt.
Für diesen Betrieb habe er klare Vorgaben gemacht, sagt Baharifar. Die derzeit acht Teilzeitbeschäftigten sollen ebenso ordentliche Papiere haben wie die bis zu 30 Beschäftigten, die er im Schlachthof beschäftigen will. „Keine Scheinselbstständigen“, sagt Baharifar, der diesen Wildwuchs in der Branche kennt. Alle würden sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auch dem Tierschutz muss der geplante Schlachtbetrieb genügen. Ein Schlachtbetrieb ohne Tierarzt, Fleischbeschau und die Betäubung des Tieres gebe es nicht, betont Pohlmann. Allerdings wäre die Betäubung per Elektroschock zulässig. Eine Tötung mit Bolzenschuss — die andere Möglichkeit — schließe der Koran nämlich aus. Denn halal heiße auch, dass die Außenhaut des Tieres nicht verletzt wird.