Korruptionsverdacht: Großrazziabei den Stadtwerken Neuss

Hauptbeschuldigter ist SWN-Geschäftsführer Heinz Runde. Neben der Zentrale in Neuss wurden mehr als 20 Objekte durchsucht.

Neuss. Bei den Stadtwerken Neuss hat es gestern erneut eine Großrazzia wegen Korruptionsverdachts gegeben. 80 Ermittler des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft Wuppertal durchsuchten ab 9 Uhr Büros, Geschäftsräume und Wohnungen in mehr als 20 Objekten. Betroffen waren unter anderem die Zentrale der Stadtwerke (SWN) an der Moselstraße und Schwimmbäder, sowie Unternehmen und Privathäuser in Neuss, Krefeld, im Kreis Heinsberg und im Kreis Wesel.

Foto: woi

Hauptbeschuldigter ist SWN-Geschäftsführer Heinz Runde (66). Die Fahnder werfen ihm Untreue und Korruption vor. Runde soll sich sein Wohnhaus im Stadtteil Selikum von einem Bauunternehmen umbauen gelassen haben, hieß es in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft. Im Gegenzug soll er dem Bauunternehmen Aufträge zugeschanzt haben. Außerdem stehen private Ausgaben von mehreren Verantwortlichen der Stadtwerke für Bewirtungen und Reisen, die als betriebliche Ausgaben abgerechnet worden sein sollen, im Fokus der Ermittler. Bereits im vergangenen Jahr hatte es nach anonymen Hinweisen eine erste Durchsuchungsaktion gegeben. Parallel dazu hatten die Stadtwerke damals bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG eine Sonderprüfung in Auftrag gegeben. KPMG prüfte unter anderem Ausschreibungen für Hausanschlüsse, Bewirtungen im Neusser Edelrestaurant Herzog von Burgund und die Nutzung des SWN-Saunabades „Wellneuss“. Dabei, so die Stadtwerke, hätten sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen ergeben.

Das sieht die Staatsanwaltschaft nun anders: „Neu gewonnene Erkenntnisse verstärken den Verdacht der Bestechlichkeit gegen den Hauptbeschuldigten“, teilte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumer mit.

Anne Wehnert, Rechtsanwältin von Heinz Runde, bestätigte gestern die Durchsuchung in Rundes Privathaus: „Dort ist nicht ein Stück Papier mitgenommen und nichts sichergestellt worden. Das falsifiziert den Vorwurf. Wir arbeiten seit dem ersten Tag kooperativ mit der Staatsanwaltschaft zusammen.“

Neben den bisherigen Vorwürfen untersucht die Staatsanwaltschaft auch das Sponsoring der Stadtwerke des Neusser Bürgerschützenfestes. Vereine sollen mittels Sponsoringverträgen Zuwendungen erhalten haben, ohne dass ein entsprechender Nutzen für die Stadtwerke Neuss verbunden war, lautet der Vorwurf. Dabei soll es um Zahlungen von rund 200 000 Euro gehen, für die die SWN beim Schützenfest werben durften. In diesem Zusammenhang suchten die Ermittler die Neusser Agentur „h1“ auf, die die Vermarktung für den Bürgerschützenverein übernimmt. „Wir sind als Zeuge vernommen worden“, sagte Marc Hillen, Inhaber der Agentur. SWN-Sprecher Jürgen Scheer erklärte: „Wir unterstützen die Arbeit der Ermittlungsbehörden. In der Sache geben wir keine Stellungnahme ab.“

Bürgermeister Reiner Breuer hat den Antikorruptionsbeauftragten der Stadt aufgefordert, den Rat am Freitag zu informieren. Er behalte sich zudem weitere Entscheidungen vor. Heute Nachmittag kommt der SWN-Aufsichtsrat in einer Sondersitzung zusammen. Ob das Gremium Maßnahmen treffen wird, ist offen.