Kaarst: Fiktives Geld überwiesen

Zwei Staatenlose aus dem Baltikum und eine Polin sind vor dem Landgericht Krefeld wegen mehrfachen Betrugs angeklagt.

Kaarst/Krefeld. Anfang Oktober vergangenen Jahres wurden die Prüfer der "B + S Card Service GmbH" in Frankfurt, ein Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe, stutzig: Von der "Longwalk Ltd." in Neuss waren immer mehr Kreditkarten-Abrechnungen mit manuellen Eingaben eingegangen. Vorgänge, zu denen es keine Belege gab. Als dann noch die Sparkasse Neuss in Büttgen mitteilte, das "Hotel Gutenberg" in Büttgen sei praktisch abgerissen, schrillten die Alarmglocken. Denn die Longwalk Limited, Ableger eines gleichnamigen Unternehmens mit Sitz in Birmingham, war Betreiber des Hotels.

Kurz darauf griff die Polizei in Krefeld zu: Sandriks K. (50), ein Staatenloser aus Lettland, und sein Stiefsohn Kirils S. (27, ebenfalls staatenlos) sowie die Polin Anna G. (28) wurden festgenommen. Seit Donnerstag müssen sie sich wegen Betruges vor dem Krefelder Landgericht verantworten.

Der Staatsanwalt wirft dem Trio vor, mit 225 fiktiven Transaktionen insgesamt 202 194 Euro ergaunert zu haben. Um eine Rückverfolgung zu erschweren, seien Geldbeträge auf die Konten diverser Personen, etwa Wanderarbeiter aus Polen oder Lettland, überwiesen worden. In erster Linie aber, so die Anklage, sollte damit das im Februar 2008 auf Kredit gekaufte Hotel "Europa" (zwölf Betten) am Albrechtsplatz in Krefeld bezahlt und renoviert werden. Das erste, was von Kaarst nach Krefeld wanderte, war der Online-Kreditkarten-Terminal. Dass dieser nicht mehr im aufgegebenen Hotel Gutenberg stand, wurde der B + S GmbH, die diese Geräte über die Sparkassen zur Verfügung stellt, nicht mitgeteilt.

Anna G., die sich als Geschäftsführerin der "Longwalk" Limited wohl deshalb zur Verfügung stellte, räumte die Vorwürfe weitgehend ein. Aber nicht im April, sondern ab Mitte Juli seien aus der Baustelle Hotel "Europa" fingierte Beträge verrechnet worden. Dazu sei sie von Sandriks K. angestiftet worden, der dies jedoch bestritt. Stiefsohn Kirils S. habe von den Machenschaften nichts gewusst, zudem habe er sich von Mitte Juli bis Ende September bei seiner Großmutter in Riga aufgehalten.

Dass die B + S erst Monate später stutzig wurde, ist eines der Rätsel, die am ersten Verhandlungstag nicht geklärt werden konnten. Zeuge Holger T. von der B + S gab an, dass seine Firma auf einem Schaden von etwa 100 000 Euro sitzengeblieben sei. Nicht auszuschließen, dass Kunden unberechtigte oder überhöhte Rechnungsbeträge von Hotelaufenthalten gar nicht reklamiert haben. Im Kaarster Hotel Gutenberg, für das Internet-Reservierungen und Vorauszahlungen auch für die Zeit nach dem Abbruch existiert haben sollen, logierten hauptsächlich ausländische Messe-Besucher, die schon mal den zehnfachen Preis des Normaltarifes zahlten.