Ferienaktion in Kaarst Buntes Graffiti-Projekt schafft echte Toleranzräume
Kaarst · An der Freizeitanlage Am Bruchweg kamen Jugendliche zusammen, die sich vorher nicht kannten und die ganz unterschiedliche Hintergründe haben.
Die Besucher der Sport- und Freizeitanlage Am Bruchweg können eine neue Augenweide genießen: Der vormals triste Garagenbau am Rande der Sportstätte bietet nun ein fröhlich-buntes Bild. Ursache sind beeindruckende Graffiti-Elemente: Schriftzüge wie „Kaarst“ oder „Ukraine“, Palmen, Möwen, Wellen oder grafische Muster in allen Farben, aber auch menschliche Gesichter zieren die Wände. Verantwortlich sind bis zu 15 Jugendliche, von denen die meisten zum ersten Mal Spraydosen in den Händen hielten und unter Anleitung von Graffiti-Künstler Sebastian Dumjahn und Brigitte Albrecht, Geschäftsführerin des integrativen Kunstcafés Einblick, an drei Tagen diese wunderbare Verschönerung schufen.
Und es passierte noch mehr: Die Jugendlichen mit und ohne Behinderungen, aus Kaarst, der Ukraine und aus Syrien, ließen sich auf dieses inklusive Graffiti-Projekt ein, ohne sich vorher zu kennen – das Motto „Alles inklusive oder nix“ wurde tatsächlich umgesetzt: Schließlich bildeten die Jugendlichen eine echte Gemeinschaft, halfen sich untereinander und ließen die anfänglichen Schwierigkeiten wie Sprachbarrieren hinter sich, so Brigitte Albrecht.
Auf diese Weise wurden echte Toleranzräume geschaffen und somit ein Bogen zur Initialzündung des Projekts geschlagen. Denn im September machte die Ausstellung „ToleranzRäume“ in Büttgen Station und wurde von vielen Schulklassen und Jugendlichen besucht. Doch wie schafft man tatsächlich solche Räume? Hier kommt Sebastian Dumjahn ins Spiel. Der 43-jährige freiberufliche Designer, in Kaarst aufgewachsen, zog im letzten Jahr wieder in seine Heimatstadt. Da er von ihr immer künstlerisch-kreativ gefördert wurde – hier hob er besonders die Jugendzentren Bebop und Die Insel sowie den ehemaligen Stadtjugendpfleger Ralf Schilling hervor – wollte er der Stadt Kaarst gerne etwas zurückgeben.
„Ich habe keine eigenen Kinder, arbeite aber gerne mit Kindern und wollte so ein entsprechendes Projekt anstoßen“, erzählt Dumjahn. So entstand gemeinsam mit Brigitte Albrecht vom Kunstcafé und der Gleichstellungsbeauftragten Sigrid Hecker die Idee, im Nachklang der Ausstellung „ToleranzRäume“ während der Herbstferien ein inklusives Projekt zu starten. Hecker und Albrecht verfügen über ein breites Netzwerk und machten so auf das Projekt aufmerksam.
Dumjahn war es wichtig, dass die Jugendlichen aktiv mit den Händen arbeiten, später stolz auf das von ihnen Geschaffene sein können und sich gegenseitig inspirieren. Der Plan ging auf: Wurde zu Beginn jedem Teilnehmer noch eine Fläche zum Besprühen zugewiesen, verschmolzen die diversen Werke im Verlauf der Aktion zu einem einzigen. Besser lässt sich eine gelungene Gemeinschaftsarbeit kaum realisieren. Zu Beginn erlernten die 15 Teilnehmer zwischen 10 und 15 Jahren die Grundlagen der Sprühtechnik. Für die meisten war das absolutes Neuland – nur die wenigsten hatten schon mal eine Spraydose in der Hand gehalten.
Anschließend wurde an zwei Tagen jeweils fünf Stunden lang die Theorie in die Praxis umgesetzt. Für die Verpflegung sorgten das Kunstcafé und die Stadt Kaarst. Sie finanzierte auch das Ganze und Sigrid Hecker ließ die Garagen vorab vom Bauhof weiß grundieren. Die Jugendlichen äußerten sich durchweg begeistert über diese Aktion: Leona, Damian, Maximilian und Godswill hatten sich alle zum ersten Mal als Graffiti-Künstler betätigt, fanden das „cool“ und es machte ihnen richtig viel Spaß. Fabian schob noch hinterher, dass auch das gesamte Team sehr nett sei. Die Garagenwände reichten natürlich irgendwann nicht mehr aus – so nutzten die Jugendlichen große Pappen, die sie später auch mit nach Hause nehmen durften.
Brigitte Albrecht, Sigrid Hecker und Sebastian Dumjahn freuten sich sehr über den großen „toleranten“ Erfolg der Aktion. Hinsichtlich der Graffiti-Verschönerung gibt es schon einen weiteren Interessenten: Michael Börgers von den Sportfreunden Vorst wünscht sich ein ähnliches Kunstwerk für eine Garagenwand auf der dortigen Anlage.