Kaarst: WZ-Interview mit FDP-Fraktionschef Jochen Dürrmann - "In Zukunft nur ein Gymnasium"

Der FDP-Fraktionschef Jochen Dürrmann fordert den Verkauf von städtischen Häusern, Zusammenlegung von Schulen und die Zusammenarbeit von Städten.

WZ: Herr Dürrmann, die FDP ist die einzige Partei, die sich vehement gegen die Sanierung der Kleinschwimmhalle Kaarst ausspricht. Seit Jahren klafft eine wachsende Finanzierungslücke bei den Betriebskosten des Sportforums Kaarst-Büttgen, die die Stadt zahlt. Müsste nicht dort auch ein Schlussstrich gezogen werden?Dürrmann: Wir waren vor vier Jahren die einzigen, die gesagt haben, dass das auf Dauer so nicht geht. Dafür sind wir beschimpft worden. Jetzt müssen wir zähneknirschend jährlich 300 000 Euro zahlen, bis ein Konzept gefunden ist, wie sich das Sportforum von alleine trägt. Was die Kleinschwimmhalle angeht, da haben wir beantragt, dass 20 bis 30 Prozent der Kosten über den Eintritt finanziert werden sollen. 170 000 Euro werden derzeit am Pfarrzentrum in Holzbüttgen verbuddelt. Und das alles in einer Situation, in der der Landrat seit Jahren warnt, wenn wir in Kaarst so weitermachen, rutschen wir spätestens 2009/2010 ins Haushaltssicherungskonzept. Denn dann ist die Ausgleichsrücklage aufgebraucht. WZ: Dann müsste sich die Stadt jede Ausgabe vom Landrat genehmigen lassen, wird also handlungsunfähiger. Was müsste nach Ansicht der FDP getan werden, um das zu verhindern?Dürrmann: Die Stadt besitzt etwa 20 Privathäuser. Es muss geprüft werden, ob diese nicht verkauft werden können. Das gilt auch für öffentliche Gebäude wie dem Technischen Rathaus in Büttgen oder den Schulen. Betrachtet man die demographische Entwicklung, steht fest, dass auch Schulen zusammengelegt werden müssen. Ich glaube nicht, dass wir noch in zehn Jahren zwei Gymnasien in Kaarst haben werden. Auch die Grundschulen in Büttgen müssen zusammengelegt werden. Dazu werden aber Konzepte benötigt, an deren Entwicklung auch die Bevölkerung beteiligt werden muss. WZ: Nur mit dem Verkauf von Immobilien saniert man keinen städtischen Haushalt. Die Stadt gibt mehr aus, als sie einnimmt. Wie können die Ausgaben reduziert werden?Dürrmann: Die interkommunale Zusammenarbeit muss ausgebaut werden. Um ein Beispiel zu nennen: Kaarst, Meerbusch, Korschenbroich und Willich sind jeweils keine fünf Kilometer voneinander entfernt. Muss denn jede Stadt wirklich einen Bauhof unterhalten? Die neue Gemeindeordnung sieht eine solche Zusammenarbeit ausdrücklich vor. Die muss künftig nicht mehr vom Innenminister genehmigt werden, er nimmt sie nur noch zur Kenntnis. Außerdem könnte die Stadt Sporthallen und -plätze an die Vereine übertragen. WZ: Damit die Stadt Geld verdient, ist es das erklärte Ziel der CDU, weitere Siedlungsflächen auszuweisen. Damit sind sie einverstanden?Dürrmann: In Kaarst sind wir in der glücklichen Situation, dass der Gebietsentwicklungsplan des Regierungsbezirks Düsseldorf für Kaarst noch Gewerbeflächen im Hüngert II vorsieht. Diese müssen wir kontinuierlich entwickeln, unabhängig davon, ob sich dort IKEA ansiedelt oder nicht. Kaarst befindet sich im immer stärker werdenden Wettbewerb der Städte. Noch nie standen hier so viele Häuser leer wie derzeit. Andererseits werden in Düsseldorf 30 000 neue Wohnungen gebaut. Will Kaarst eine Schlafstadt sein oder sich zu einer dynamischen, attraktiven Stadt entwickeln? Die strategischen Ziele dazu fehlen. WZ: Deshalb fordert die FDP ein Leitbild, hat dazu im vergangenen Jahr eine Aktion in der Stadt gestartet und die Bürger befragt. Was ist daraus geworden?Dürrmann: Wir haben zwei Anträge in den Rat eingebracht, beide wurden abgelehnt. Die demographische Entwicklung wird in Kaarst ignoriert. Bürgermeister Moormann hat in seinem Werkstattbericht im Mai zwar strategische Ziele genannt, doch eine Aussprache darüber ist bisher ausgeblieben. Das werden wir für die Ratssitzung am 31. August fordern. Wir werden uns erneut für ein Leitbild einsetzen, um Ziele für die Zukunft festzulegen, die für die politische Arbeit in den Gremien bindend sind. In Kaarst packt die CDU aber keine unbequemen Themen an, denn im Prinzip besteht sie ja aus drei Fraktionen: den Ortsverbänden Büttgen und Kaarst sowie der Jungen Union. Die müssen zu viele Kompromisse machen, damit endlich etwas passiert. WZ: Für welche Themen will sich die FDP bis zur Kommunalwahl 2009 noch einsetzen?Dürrmann: Es fehlt ein Stadtentwicklungskonzept. Auch das ist der CDU zu unbequem. Wir wollen die Stadtentwicklung Kaarst mit der Immobilien- und Standortgemeinschaft vorantreiben, ebenso die Ortstmitte Vorst. Die Personalentwicklung in der Stadtverwaltung ist ein Thema: Es ist wichtig, Personalkosten einzusparen. Aber die Balance in der Verwaltung stimmt nicht, wenn dieselben Aufgaben auf weniger Leute verteilt werden. Dann muss die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen gesucht werden. Außerdem setzen wir uns für die Gründung einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft ein, die wir seit zehn Jahren fordern.

  • www.fdp-kaarst.de