Neuss: Ans Aufgeben nie gedacht

menschen Julian Hüren ist seit der Geburt herzkrank. Jetzt ist er „Kämpfer des Jahres“.

Neuss. Wenn es um Chemie geht, leuchten seine Augen. Dann ist Julian Hüren aus Neuss in seinem Element. "Ich finde es seit der 5.Klasse toll und unheimlich interessant, zu experimentieren", sagt der Elftklässler der Maria-Montessori-Gesamtschule in Meerbusch-Büderich. Neben seinem Schildkröten-Terrarium hat er im Keller seines Elternhauses ein eigenes kleines Labor eingerichtet. Am Mikroskop und mit dem Bunsenbrenner, zwischen Reagenzgläsern und Chemiebüchern fühlt er sich sichtlich wohl, und einige Chemie-Preise hat er schon gewonnen.

"Wegen der Schule verbringe ich hier aber momentan wenig Zeit", sagt der 16-Jährige. "Zuletzt war ich vor rund einem Jahr so selten hier." Damals war der Grund wesentlich schwerwiegender: Julian Hüren bekam einen Herzschrittmacher - die vierte Herzoperation in seinem Leben. "Schön ist es nicht, aber ich muss es einfach akzeptieren. Man kann ja nichts daran ändern."

Der Neusser, den die Techniker Krankenkasse jetzt als "Kämpfer des Jahres" auszeichnete, wurde schon mit einem Herzfehler geboren. Gerade 14Tage alt, wurde er zum ersten Mal operiert. Anfang 2008 erhielt er eine neue Herzklappe. Nachdem bei diesem Eingriff Komplikationen aufgetreten waren, folgte die dritte Operation - mit dramatischen Folgen: Julian erlitt einen Infarkt. Lange lag er auf der Intensivstation, es folgte die wochenlange Reha.

"Das Schlimmste war, nicht genau zu wissen, wie es weitergeht", erinnert sich der junge Neusser. "Die Ungewissheit, ob wirklich alles gut wird, hat mich schon manchmal frustriert. Aber ans Aufgeben habe ich nie gedacht. Freunde und Familie haben mir sehr geholfen."

Heute blickt er recht entspannt zurück: "Es war eben eine Zeit, in der ich öfter im Krankenhaus war und nicht direkt am Leben teilnehmen konnte. Mit dem Herzschrittmacher geht es mir derzeit sehr gut. Ich lebe eigentlich das Leben eines ganz normalen Jugendlichen." Natürlich dürfe er sich körperlich nicht so anstrengen wie Gleichaltrige. Den Schulsport ersetzt eine spezielle Herz-Sporteinheit unter ärztlicher Aufsicht. "Das stört mich nicht. Ich verpasse ja nicht viel, und außerdem habe ich genug Hobbys, die ich mit meinen Freunden teile", sagt der Chemiefreund, der auch gerne fotografiert, mit Freunden Playstation spielt und ein Fan von TV-Dokumentationen ist.

An seine Krankheitsgeschichte erinnert in seinem Umfeld heute nur noch ein Rollstuhl. Sechs Monate hat er sich darin fortbewegt. Mittlerweile steht er neben seiner Chemie-Ecke und dient als Ablageplatz. Alle vier Monate wird Julian in der Herzklinik in Duisburg untersucht. "Alles halb so wild", findet er. Sowieso sei in seinem Leben kaum Platz für Gedanken an seine Krankheit: "Das macht einen nur kaputt und passt nicht zu mir."

Auf die Frage, ob ihn die Erfahrungen der Vergangenheit verändert haben, antwortet er ohne zu zögern: "Überhaupt nicht. Ich bin und war immer ein lebensfroher Typ, der für jeden Spaß zu haben ist. "

Wie es mit seinem Herzen weitergeht, weiß Julian Hüren nicht: "Ich hoffe, dass es mir noch lange so gut geht wie jetzt. Vielleicht gibt es bald neue Techniken. Die Medizin macht ja täglich Fortschritte."