Neuss Barrierefrei: „Viele Antragsteller müssten nur noch nachbessern“

75 Anträge wurden gestellt. 14 Signets hat die Stadt an Geschäfte und Dienstleister vergeben.

Neuss. Knapp zwei Jahre gibt es die Aktion „Neuss Barrierefrei“ inzwischen. Zuletzt wurde in der vergangenen Woche Electric Schaffrath an der Oberstraße für die Möglichkeit des hindernisfreien Einkaufens ausgezeichnet — als bislang 14. Signetträger. „Viele Antragsteller müssten nur noch wenig nachbessern, machen es aber nicht. Das ist wirklich schade“, sagtder städtische Projektleiter Harald Jansen. Insgesamt 75 Anträge wurden bisher erledigt oder sind noch in der Bearbeitung.

Eine Anforderung, die bei der Antragstellung oft übersehen werde, sei eine kontrastreiche Gestaltung in den Räumen — unter anderem bei Glasflächen oder Treppen. „Barrierefreie Eingänge haben die Geschäftsräume der Bewerber fast immer“, sagt Jansen. „Sehbehinderte dagegen werden aber oft vergessen.“

Fünf Grundkriterien müssen erfüllt werden, um das Signet „Neuss Barrierefrei“ zu erhalten: Es muss ein stufenloser Zugang möglich sein, Türen müssen ausreichend breit und genügend Bewegungsflächen vorhanden sein, außerdem müssen Glastüren und gefährliche Stufen markiert werden sowie Orientierungsmöglichkeiten für seh- und hörbehinderte Menschen vorhanden sein. Zusätzlich muss es bei Bedarf personelle Unterstützung für Menschen mit Behinderung geben.

Auch Bernd Schultz von Electric Schaffrath musste nach seiner Antragstellung vor etwa acht Monaten nachbessern, bis er nun das Signet erhalten hat. Die Rampe ist verlängert, Türen wurden verbreitert. Und auch er musste bei der kontrastreichen Gestaltung nacharbeiten: „Auf beiden Glastüren klebt nun ein auffälliger, silberfarbener Streifen“, sagt Schultz.

Sind alle Anforderungen auf dem Papier erfüllt, geht Jansen mit ehrenamtlichen Kollegen durch die Räume — in der Regel sind auch ein Rollstuhlfahrer und ein Sehbehinderter dabei.

Trotz der bisher nur 14 ausgezeichneten Geschäfte in Neuss ist Jansen mit der Resonanz auf das Projekt zufrieden. „Andere Städte gehen oft mit dem erhobenen Zeigefinger auf ihre Einzelhändler zu. Das wollen wir bewusst nicht machen.“ Außerdem würden sich die Vorteile,wie der Werbeeffekt des Signets herumsprechen. „Wenn ich etwas für Menschen mit Behinderung tue, mache ich auch etwas für alle anderen Menschen.“ Durch den demografischen Wandel nehme die Zahl der Menschen mit Behinderung in Zukunft schließlich noch weiter zu.

Was Gastronomie und Arztpraxen angeht, sieht Jansen allerdings starken Nachholbedarf. „In diesen Bereichen sind dringend noch Antragsteller gewünscht“, sagt er. Und auch einige Gebäude der Stadt hätten teilweise Verbesserungsbedarf, gibt Jansen zu. „Allerdings sind wir auch hier darauf angewiesen, dass ein Antrag gestellt wird. In der schweren finanziellen Lage der Stadt bleiben aber leider auch einfach einige Prioritäten auf der Strecke.“