Neuss: Haushalt - Schuldnerberatung vor dem Aus?
Verbände kritisieren Kürzungen der Verwaltung im Jugend- und Sozialbereich.
Neuss. Schwer wiegen die Vorwürfe der Wohlfahrtsverbände gegenüber der Stadtverwaltung, von erschüttertem Vertrauen ist die Rede, von Unverständnis und mangelnder Verlässlichkeit.
Es geht um den Haushaltsentwurf 2011, die darin enthaltenen Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich - und mangelhafte Kommunikation, so zumindest die Chefs der Verbände.
"Werden die Kürzungen umgesetzt, müssen wir zum Beispiel die Schuldnerberatung im nächsten Jahr einstellen", sagen Frank Eßer und Christoph Havers, Geschäftsführer der Träger SKM und Diakonisches Werk.
Der Ausgangspunkt war ein anderer. Es sei auch den Wohlfahrtsverbänden klar, dass die Stadt gerade angesichts nicht zu beeinflussender steigender Ausgaben bei Jugend- und Sozialhilfe sparen müsse, betont Norbert Kallen, Caritas-Chef und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände.
Deshalb seien Gespräche mit der Verwaltung mit dem Ziel geführt worden, Kompromisse zu finden und für die nächsten drei Jahre eine verlässliche Planung zu ermöglichen. Erste Ergebnisse seien in den Haushaltsentwurf eingearbeitet worden. "Und jetzt schafft die Verwaltung ohne jede Absprache durch neue Kürzungen neue Fakten."
Üble Fakten, wie die Vertreter der Verbände betonen. So schlage die Verwaltung vor, zum Beispiel den Zuschuss für die Schuldnerberatung von 100000 Euro komplett zu streichen.
Die Angelegenheit ist kompliziert. Die Verwaltung argumentiert, die Zuständigkeit läge beim Kreis. "Das stimmt", sagt Kallen. Dennoch beteiligt sich die Stadt seit 22 Jahren an den Kosten. Zudem baue sie gerade selbst eine Schuldnerberatung auf. "Das passt nicht zusammen. Und den Trägern wird der Boden unter den Füßen weggezogen", so Kallen.
SKM und Diakonisches Werk stellen für die Schuldnerberatung selbst 100000 Euro an Eigenmitteln, hinzu kommen Zuschüsse von Kreis, Land und Sparkassen- und Giroverband.
Doch der Kreis fördert ausschließlich die Beratung von Hartz-IV-Empfängern. Der Andrang ist groß und nimmt ständig zu, die Arbeit der Berater ist allseits geschätzt.
Schon jetzt gibt es Wartezeiten von bis zu einem Jahr. "Streicht die Stadt ihren Zuschuss komplett, können wir nur noch die Warteliste abarbeiten und dann ausschließlich Leistungsempfänger der Arge beraten", erklärt Christoph Havers.
Ein anderer Punkt, der bei den Verbänden auf völliges Unverständnis stößt, ist die Kürzung der Globalmittel als Zuschuss für die Arbeit der Geschäftsstellen. Aus diesen Mitteln würden zahlreiche konkrete Projekte finanziert, so Kallen.
"Andere Städte, selbst solche mit Nothaushalt, schließen darüber Rahmenverträge auf Jahre mit den Verbänden." Und Christoph Havers ergänzt: "Neuss ist so oft einen guten Weg gegangen. An diesen Kurs sollten sich jetzt alle erinnern."