Beratung im Jugendhilfeausschuss in Neuss „Neusser Modell“ soll Kita-Pflege auch ohne Zuschuss sicherstellen
Neuss · Ein Bundesprogramm für die Pflege stellt zahlreiche Bedingungen.
Die Qualifizierung von Menschen, die in der Kindertagespflege arbeiten, sowie die Rahmenbedingungen für deren Tätigkeit sollen in Neuss verbessert werden. Das hat der Jugendhilfeausschuss am Mittwochabend beschlossen. Ob die Stadt dabei vom Bundesprogramm „Pro Kindertagespflege“ profitiert, muss noch geklärt werden. Die Verwaltung wird beauftragt, einen entsprechenden Antrag einzureichen. Aber am Bundesprogramm teilnehmen und die Fördermittel abrufen soll die Stadt nur, wenn dies nicht den Zielen, neben der Qualität auch die Quantität der Plätze in der Kindertagespflege auszubauen, zuwider läuft. Genau das befürchtete im Ausschuss insbesondere die schwarz-grüne Koalition.
Das Bundesprogramm legt schließlich fest, dass im Falle einer Förderung drei Module zwingend umgesetzt werden müssen. Dazu zählt, dass Tagespflegepersonen nach dem sogenannten Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuch (QHB) ausgebildet werden müssen. Dies sieht zwei Blöcke vor, die zwingend für das Zertifikat absolviert werden müssen: Zu Beginn eine 160-stündige Fortbildung vor Beginn der Tätigkeit in der Kindertagspflege, danach eine 140-stündige tätigkeitsbegleitende Fortbildung – wegen der Dauer ist auch kurz von QHB300 die Rede. Die Einschätzung der Verwaltung: Die erhöhten Unterrichtseinheiten bis zum Beginn der Tätigkeit von bisher 33 auf 160 nach QHB verzögern den Einstieg in die Betreuung von derzeit drei auf neun Monate – und sie könnte abschreckend auf Bewerber für die Tätigkeit wirken.
In der CDU befürchtet man ausbleibende Bewerbungen
Thomas Kaumanns (CDU) stellte klar: „Das ist das Gegenteil von dem, was wir wollen. Unser Ziel ist es, in der Kindertagespflege sowohl die Qualität als auch die Quantität zu steigern.“ Letzteres sei mit dem Bundesprogramm möglicherweise in Gefahr. Von daher soll die Verwaltung ausloten, ob bei Teilnahme am Bundesprogramm auch weiterhin Tagespflegepersonen eingesetzt werden können, die nicht nach QHB300 qualifiziert sind.
Ist dies nicht der Fall, soll die Stadt die positiven Ansätze des Bundesprogramms in einem eigenen „Neusser Modell“ umsetzen. „Der Zuschuss ist es möglicherweise nicht wert, sich die Fesseln durch den Bund anlegen zu lassen“, betonte Kaumanns. Daher sollen vorsorglich auch die vollen 187 500 Euro an jährlichen Kosten etatisiert werden. 150 000 Euro würde der Bund für drei Jahre übernehmen.
Ganz so schwarz wie die Koalition sieht die SPD die Risiken nicht. „Natürlich könnte die Dauer auf interessierte Personen abschreckend wirken, aber das ist ein Blick in die Glaskugel“, monierte Verena Kiechle. „Es könnte auch sein, dass genau das Gegenteil der Fall ist und zusätzliche Motivation geschaffen wird.“
Mit dem Hintertürchen „Neusser Modell“ sprach sich der Ausschuss dafür aus, das Risiko zu minimieren.abu