Neuss: Streit um die Pflege eines Alzheimerpatienten

Einem Neusser Dienst wird vorgeworfen, den Erkrankten im Stich gelassen zu haben.

Neuss. Die Pflege eines Alzheimerpatienten hat zu einem Zwist geführt. Der Patient hat eine Pflegekraft derart verletzt, dass ihr eine Rippe brach. Das Vertragsverhältnis zwischen der Familie des Patienten und dem Kranken- und Altenpflegedienst Hesse wurde daraufhin beendet.

Nach Angaben von Werner Schell, Vorstand des Selbsthilfenetzwerkes Pro Pflege, habe der Pflegedienst "fristlos gekündigt" mit der Begründung: "Der Alzheimerkranke sei zu schwierig zu pflegen, vergeblich habe der Dienst eine Sedierung (mit Medikamenten ruhigstellen, Anm. d. Red.) verlangt." Der Patient habe vor etwa einer Woche "Pflegehandlungen abgewehrt.

Dabei soll er eine Pflegekraft verletzt haben". Zudem soll der Dienst telefonisch Schadensersatzansprüche geltend gemacht haben. Werner Schell sieht sich selbst als Lobbyist für Pflegebedürftige und deren Angehörige. Mitte 2008 hat er das Selbsthilfenetzwerk Pflege Pro gegründet. "Der Pflegedienst behauptet, der Patient sei schwierig und gefährlich.

Der Sohn des Patienten ist selbst Krankenpfleger und ist der Meinung, dass sein Vater friedlich ist", sagt Schell. "Was der Dienst gemacht hat, ist rechtswidrig. So etwas habe ich noch nicht erlebt."

"Es gab bisher keine Entschuldigung. Unsere Pflegekraft ist seit zwei Wochen krank", sagt Werner Hartung vom Kranken- und Altenpflegedienst Hesse in Neuss. Als der Dienst auf Bitte von Werner Schell vorbei kam, war der Patient bereits "von seinem Sohn fertig gemacht worden. Wir wurden in dem Glauben gelassen, es gebe niemanden, der den Patienten nun versorgen kann."

Der Dienst sei der Familie entgegengekommen: "Wir haben nach der Kündigung angeboten, die Pflege solange zu übernehmen, bis ein neuer Pflegedienst eingesprungen ist", so Hartung. Das Übergangsangebot des Pflegedienstes habe die Familie abgelehnt. "Ich habe mich darum gekümmert, dass ein neuer Pflegedienst engagiert wird", sagt Schell.

Nach Auffassung des Pflegedienstes Hesse müsse ein Arzt den Patienten mit Medikamenten einstellen, um der Aggressivität des Patienten entgegenzuwirken. Seit Monaten habe der Dienst versucht, "die Situation zu entschärfen", so Hartung. Eine Behandlung mit Medikamenten bedeute nicht, dass der Patient nicht mehr ansprechbar ist, sondern dass seine Aggression zurückgehe.

Schell hat den letzten Besuch des Dienstes anders in Erinnerung: "Als der Pflegedienst nach der Kündigung noch einmal da war, habe ich ihm vorgeschlagen, die medizinische Einstellung des Patienten von einem Arzt überprüfen zu lassen. Dieses Angebot wollte der Pflegedienst aber nicht annehmen."

"Diese Angaben sind falsch", sagt Hartung. Er habe den Eindruck, die Ehefrau des Patienten hätte sich auf eine Versorgung durch Medikamente eingelassen, doch der Sohn habe dies verhindert. "Wir haben uns sogar an den Arzt des Patienten gewandt", so Hartung, doch die Familie schien bereits mit dem Arzt gesprochen zu haben, sodass er die Aussage verweigerte.

"In dem Vertrag ist die Kündigungsfrist auf zehn Tage festgelegt, in diesem Fall hörte die Pflege von einem Tag auf den anderen auf", sagt Schell entrüstet. "Die Frist von zehn Tagen konnten wir zur Gefahrenabwendung nicht einhalten. Unsere Mitarbeiter trauten sich nicht mehr zu dem Patienten. Wir haben gegenüber unseren Mitarbeitern auch eine Fürsorgepflicht", begründet Hartung die sofortige Kündigung.