Neuss: Willy Wimmer - Abschied von der Berliner Politbühne

Nach 33 Jahren wird der CDU-Abgeordnete Willy Wimmer nicht mehr im Bundestag sitzen. Ein Rückblick.

Neuss/Rhein-Kreis Neuss. Plenum, Arbeitsgruppe, Wahlkreis - diese Faktoren haben seinen Tag 33 Jahre lang bestimmt. Jetzt gibt es andere Prioritäten: Dreimal am Tag geht Willy Wimmer in Jüchen mit seinem Parson Jack Russell Terrier "Pepper" Gassi. Und genießt es.

Wenn sich der neue Bundestag in der kommenden Woche in Berlin konstituiert, wird der 66-Jährige nicht mehr dabei sein. Nach 33 Jahren in der Bundespolitik und vier Kanzlern (Schmidt, Kohl, Schröder und Merkel) geht Wimmer auf eigenen Wunsch, aber mit gemischten Gefühlen:

"Ich freue mich auf zu Hause und habe nicht vor, den ehemals vollen Terminkalender aus Berlin durch Aktivitäten in der Heimat aufzufüllen. Ich habe keine Lust mehr, aus dem Koffer zu leben, sondern freue mich auf den Hund, das Zeitunglesen, die Familie und Ausflüge nach Maastricht und ins belgische Grenzland."

Wimmer genoss hohe Anerkennung, über Parteigrenzen hinweg. Dem "begeisterten Niederrheiner" war es immer ein Anliegen, den Einfluss der Region in Berlin zu stärken. In dieser Region beobachtet der CDU-Politiker jedoch große Unterschiede: "Das ist schade für die Entwicklungsmöglichkeiten."

Während Krefeld aus Selbstbewusstsein die Rolle als Flaggschiff des Niederrheins erfüllen wolle, sei Mönchengladbach zu stark auf sich selbst konzentriert. "Neuss ruht in sich selbst, ist mit sich im Reinen." Dem Rhein-Kreis Neuss wünscht Wimmer für die Zukunft, dass er intakt bleibt und seine Identität weiter stärken kann.

Ratschläge an seinen Nachfolger in Berlin, Ansgar Heveling, gab es nicht, "jeder muss seinen eigenen Weg finden". Die CDU verliert mit Wimmer einen ihrer erfahrensten Außenpolitiker und Sicherheitsexperten. Unter seinem "Lieblingskanzler" Helmut Kohl hat Wimmer viele Konfliktherde bereist, und in dessen Auftrag enge Verbindungen nach Teheran geknüpft.

Im Mai 1996, an seinem Geburtstag, war er mit Besuchern in Berlin unterwegs und erhielt einen Anruf vom Kanzler: "Machen Sie Ihren Vertrauten klar, dass es Krieg gibt, wenn die Anschläge in Tel Aviv nicht aufhören." Wimmer: "Am Abend hatten wir die Gewissheit, dass die Attacken gestoppt werden. Drei Jahre hat das immerhin gehalten."

Dass Wimmer ein dezidierter Gegner des deutschen Afghanistan-Einsatzes ist, hat ihm nicht unbedingt Freunde eingebracht. Doch er ist davon überzeugt, dass die deutschen Einsätze dort - genauso wie die in Jugoslawien - nicht durch das Völkerrecht abgedeckt sind. Zudem ist er sicher, dass die Dimension des Krieges in Afghanistan sich noch mehr ausweitet, wenn die Truppen dort bleiben.

Auch wenn er sich der Außenpolitik verschrieben hat - seine emotionalsten Momente als Abgeordneter erlebt auch er im Zusammenhang mit der deutschen Einheit. 1989 nahm er an einer Stabsrahmenübung der Nato teil. "Da sollte ich einen Nuklearangriff auf Dresden und Potsdam befehlen. Das empfand ich als solche Zumutung, dass ich mich geweigert und Kohl gebeten habe, mich zu unterstützen. Daraufhin hat er Deutschland aus der Übung rausgezogen", berichtet Wimmer: "Wenig später durfte ich dann die Integration der Volksarmee in die Bundeswehr mit vorantreiben. Das war die dramatische Spitze eines aufwühlenden Lebens."

Und ausgerechnet Kanzler Schröder hat er es zu verdanken, dass er seinen Ruhestand mit Hund erst vier Jahre später genießen kann: "Am 14. Juni 2005 hatte ich einen Termin bei der damaligen Fraktionsvorsitzenden Angela Merkel, wollte ihr mitteilen, dass ich nicht mehr kandidiere." Der Termin wurde gestrichen - wegen der Neuwahlen . . .