NHV-Trainer stapelt vor dem Auftakt tief

Handball-Drittligist Neusser HV ist für viele Experten ein Titelanwärter. Ceven Klatt gibt sich bescheiden. Alexander Koke, Coach des TSV Bayer Dormagen, erwartet „eine harte Saison“ für sein Team. Der TV Korschenbroich sieht sich selbst als „Wundertüte“.

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Neuss/Dormagen/Korschenbroich. Sportlich besitzt der Rhein-Kreis ein Alleinstellungsmerkmal: Drei Handball-Drittligisten in einem (politischen) Kreis gibt es sonst nirgends, auch wenn der TV Korschenbroich (Mönchengladbach), der Neusser HV (Düsseldorf) und der TSV Bayer Dormagen (Köln) unterschiedlichen Handball-Kreisverbänden angehören.

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Der NHV zählt für viele Trainer der Dritten Liga in dieser Saison neben dem VfL Eintracht Hagen zu den ersten Aufstiegsaspiranten. Nur einer spielt da nicht mit: Ceven Klatt. Der 33-Jährige, der seinen ersten Saisonauftakt als Cheftrainer des Neusser HV erlebt, hält trotz einiger bemerkenswerten Resultate in der Vorbereitung an der vor Wochen ausgegebenen Zielsetzung fest: „Wenn wir wieder Sechster werden, haben wir eine gute Saison gespielt.“ Dass ihm die Kollegen deswegen Tiefstapelei unterstellen, ficht Klatt nicht an. Erstens, stellt er mit Blick aufs Vorjahr, als er noch Co-Trainer war, fest, „haben wir auch da eine sehr gute Vorbereitung hingelegt — und dann eine miserable Hinrunde gespielt.“ Zweitens sei es vermessen, sich von vorneherein vor Clubs wie Leichlingen oder Krefeld einzusortieren: „Das wäre arrogant. Leichlingen hat doch keinen schlechteren Kader als wir.“

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Er erwartet ein enges Titelrennen, in das aus seiner Sicht mehrere Mannschaften eingreifen können. „Entscheidend wird sein, wer wie gut aus den Startlöchern kommt.“ Deshalb ist er froh, „dass wir endlich mal mit einem Heimspiel starten“, auch wenn er den heutigen Auftaktgegner SG Ratingen (19 Uhr) und das unmittelbar darauf folgende Lokalduell beim TV Korschenbroich (10. September, 19.30 Uhr) zu den eher unangenehmen Aufgaben zählt. „Natürlich wollen wir den Auftakt siegreich gestalten, aber das wird nicht einfach“, sagt NHV-Trainer Ceven Klatt, der heute nur auf Daniel Pankofer (Bänderriss) verzichten muss.

Alexander Koke ist da in einer anderen Situation. Dem Spielertrainer von Bayer Dormagen fehlen im heutigen Auftaktspiel gegen den GSV Eintracht Baunatal (19 Uhr) Dennis Marquardt, Julian Mumme, Daniel Andrejew, Frederic Genz und der inzwischen an seiner gebrochenen Nase operierte Max Bettin. Hinter dem Einsatz der angeschlagenen Ian Hüter, Johnny Eisenkrätzer und Koke selbst stehen Fragezeichen. Nicht nur deshalb spricht der Coach von „einem Spiel auf Augenhöhe“.

Für den TSV Bayer ist die Situation neu: Erstmals seit dem ersten Zweitliga-Aufstieg 1983 geht der Club nicht als Platzhirsch am linken Niederrhein in eine neue Spielzeit. „Wir stehen vor einer harten Saison“, sagt Alexander Koke, der einst als Spieler mit dem TSV um den Aufstieg in die Bundesliga kämpfte und jetzt als Spielertrainer den freien Fall des Traditionsvereins abbremsen soll. Koke ist von den Problemen eingeholt worden, die seinen Vorgänger Jörg Bohrmann den Job und den TSV letztlich den Verbleib im Bundesliga-Unterhaus kosteten: Er hat in der Vorbereitung nicht einmal mit einem annähernd vollständigen Kader trainieren, geschweige denn spielen können.

Angesichts dieser Begleitumstände war der 37-Jährige mit der Vorbereitung durchaus zufrieden. Der Kader sei „zu einer Einheit gewachsen, im spielerischen Bereich haben wir uns von Woche zu Woche weiter entwickelt“. Er könne inzwischen „auf ein paar Systeme zurückgreifen“. Nur: „Es war nicht möglich, kontinuierlich mit allen Spielern zu arbeiten“, sagt der Trainer. Entsprechend zurückhaltend gibt sich Koke auf die Frage nach dem Saisonziel: „Ich weiß wirklich nicht, wo wir stehen.“

Seinem Kollegen Ronny Rogawska geht es da ganz ähnlich. Mit dem Begriff „Wundertüte“ kann der Trainer des TV Korschenbroich gut leben. „Das trifft es ziemlich genau“, sagt der Däne, der in sein fünftes Jahr auf der Bank des Drittligisten geht. Platz sieben, vier, sechs und fünf lautet seine Bilanz — keine schlechte Ausbeute für den 47-Jährigen, vor allem angesichts der im Vergleich zu vielen Konkurrenten eher bescheidenen Mitteln, mit denen rund um die Waldsporthalle solide gewirtschaftet wird. Da sind spektakuläre Aktionen auf dem Transfermarkt nicht drin. „Das passt auch nicht zu unserer Philosophie“, sagt Rogawska, „wir wollen auch künftig junge Spieler weiterentwickeln.“

Das wird bei den Neuzugängen sichtbar: Torhüter Max Jäger (Bayer Dormagen) ist mit 26 Jahren der „Senior“ des Quartetts und der Viertälteste überhaupt im Kader, in dem außer Mathias Deppisch (37) keiner älter als 27 Jahre ist. „Wir waren in der Vergangenheit immer für Überraschungen gut — positive und negative“, sagt der Trainer. „Wir haben Spitzenteams geschlagen und gegen vermeintliche Abstiegskandidaten verloren.“ Eine echte Wundertüte eben.

Sein Auftaktspiel bestritt der TVK bereits gestern bei Eintracht Hagen. Die Partie war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet.