Schützenfest in Neuss: Mustafa Tezgör ist Anführer der Drususjünger

Der Türke Mustafa Tezgör wird als amtierender Oberleutnant seinen Zug bei der Parade anführen. Und als Schneider sorgt er für passgenaue Uniformen.

<strong>Neuss. Es geht hektisch zu im Geschäftslokal an der Königstraße. Ununterbrochen kommen die Kunden, drängeln sich vorbei an Uniformen, Abendkleidern, dicht bestückten Garderobenstangen. Hochsaison in der Änderungsschneiderei Tezgör: Hier lassen die Schützen ihre Uniformen kurz vor dem Fest noch in Form bringen - das heißt ändern. Sehr kurz vor dem Fest, verbessert sich Mustafa Tezgör. Vorbildlich dagegen der König: Mario I. hat seinen Frack bereits abgeholt. Doch die meisten Aktiven entdecken alle Jahre wieder erst unmittelbar vor den Festtagen, dass doch hier und da noch etwas zu ändern ist.

Mustafa Tezgör nimmt’s gelassen. Ohnehin haben Schützen bei ihm Vertrauensvorschuss und können seiner Nachsicht gewiss sein. Der Schneider ist selbst Schütze: als bekennender Neusser, als Türke, als Moslem ("ich trinke trotzdem Bier"). Seit zehn Jahren ist er bei den Drususjüngern aktiv, wurde unmittelbar nach der Gründung von Oberleutnant Karl-Heinz Greiß "motiviert" und in den Zug geholt. Das war beim Tanz in den Mai der Schützengilde.

Seit er vier Jahre alt ist, lebt Mustafa Tezgör in Neuss, hat dann von seinem Vater die Änderungsschneiderei übernommen. Als kleiner Junge war es die Kirmes, die ihn anzog; da habe er schon lange vorher die Kirmesgroschen gespart, erinnert er sich. Als Jugendlicher hat er sich den Zug natürlich angesehen, aber aktiv wurde er dann erst vor zehn Jahren.

Längst ist das Schützendasein für den Türken zur Selbstverständlichkeit geworden. Haben ihn andere Schützen je spüren lassen, dass er als Türke schon eine Ausnahme unter den tausenden Aktiver darstellt? "Niemals", sagt Mustafa Tezgör mit Überzeugung. Er schwärmt von der Kameradschaft, von Freundschaften. Vor kurzem erst haben ihn die Drususjünger zu ihrem Leutnant gewählt. Und da jetzt Oberleutnant Greiß den erkrankten Jägermajor Gerd Scheulen vertritt, wird der türkische Schneider zum amtierenden Oberleutnant und führt den Zug bei der Parade an. Natürlich sei er aufgeregt, sagt Tezgör, mehr noch: Herzklopfen habe er, wenn er nur an die Parade denke.

Gleichzeitig aber wirkt der Mann auch in der größten Hektik, als könne ihn nichts aus der Ruhe bringen. Zwischen den Uniformjacken von Sappeuren und Erfttrabanten, Drususjüngern, Jöckstitze, Novesianern und dem Fanfarenkorps Furth setzte er Nadeln, sucht (und findet) diverse Zettel, grüßt pausenlos Passanten, lächelt, lacht und erzählt nebenbei, dass es in diesem Jahr eine Premiere auch für sein Geschäft geben wird: Nahe dem Schützenbüro wird es während des Schützenfestes "eine Bude" geben: Notschneiderei Mustafa Tezgör. Für alle, die sich den Gang zur Schneiderei vorher gespart haben.

Die Frage, ob er vom Königsdasein träumt, beantwortet Tezgör mit einem klaren "Ja". Einen Lottogewinn oder einen Sponsor vorausgesetzt, sagt er lachend, Als erster Türke König in Neuss! Den Hinweis auf den bundesweit beachteten türkischen Schützenkönig von Paderborn wischt er locker beiseite. Was ist schon Paderborn gegen Neuss...