Verschwundene Kaarsterin: Ermittlungen gegen Ehemann

Weil es einen Anfangsverdacht gibt, wird gegen den 65-Jährigen ermittelt. Über das Schicksal seiner Frau ist weiter nichts bekannt.

Kaarst/Düsseldorf. Im vierten Stockwerk wird die weiße Spitzengardine eilig zugezogen, zwei Stockwerke tiefer lugt ein Mann vorsichtig hinter den Topfpflanzen hervor, wagt einen Blick auf die Straße. Einige Sekunden ist sein Schatten hinter der Fensterscheibe zu sehen, dann zieht sich der Mann kopfschüttelnd zurück.

In dem Kaarster Hochhaus nahe der A 52, in dem das Ehepaar Hans und Bärbel A. eine Wohnung im fünften Stock bewohnt, ist die Stimmung gereizt. "Seit Freitagabend wird das Haus regelrecht belagert", sagt ein Nachbar. Man wolle sich nicht mehr zu dem Fall äußern. "Jetzt reicht es uns", so der einstimmige Tenor der Hausbewohner.

Auch am Montag inspizierten Polizeibeamte mit Spürhunden die Wohnung des Ehepaares. Über ein Ergebnis dieser Untersuchung wollte sich die ermittelnde Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestern nicht äußern.

Unterdessen wurde Hans A. gestern in Frankreich dem Haftrichter vorgeführt. Es bestehe, so Christoph Kumpa von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, ein Anfangsverdacht. Deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 65-jährigen Rentner wegen des Verdachts auf Totschlag.

Jedoch fehlt noch eine Leiche. Bärbel A. habe sich, so erklärte ihr Ehemann in Frankreich, am 4.Mai offenbar das Leben genommen. Zumindest habe das in einem Abschiedsbrief gestanden, den A. gefunden habe und dann umgehend in den Aktenschredder geschoben haben will. Nach einiger Zeit habe er bei Grimlinghausen das Fahrrad seiner Frau gefunden. Verschlossen.

An einer Stelle, an der man laut Staatsanwaltschaft schon sehr weit in das Wasser hineingehen müsse, um sich das Leben zu nehmen. Hans A. hat das Fahrrad seiner Frau nach Kaarst transportiert. Später reifte bei ihm der Plan, nach Frankreich zu fahren, um dort einen Überfall zu erfinden, bei dem seine Frau "verschwinden" sollte.

Dazu hat er sogar Koffer mit Kleidungsstücken seiner Frau mitgenommen und Doppelzimmer in Frankreich gebucht. "Doch die Überwachungskameras in den Hotels haben ihn stets alleine gezeigt", berichtete Kumpa. Am Samstag rückte der 65-Jährige mit der neuen Geschichte vom Selbstmord seiner Frau heraus.

In der ruhigen Wohnsiedlung in Kaarst, in der beide wohnen, ist man die Aufregung nicht gewöhnt. Nur selten verirren sich Fremde in die versteckt gelegene Straße. "Ich weiß überhaupt nicht, was hier los ist. Ständig kommen Leute vorbei und fragen, ob wir irgendwelche Personen gekannt haben", sagt ein junger Mann, der in einem etwa 50Meter entfernten Eckhaus wohnt und an seinem Auto herumschraubt. "Ich habe nur gehört, dass jemand gesucht wird."

Und auch in der unmittelbaren Umgebung des Hochhauses scheinen die Anwohner nichts von dem Trubel mitbekommen zu haben. "Wir haben aus der Presse erfahren, was passiert ist", sagt eine Nachbarin.

"Es ist erschreckend und traurig zugleich, dass so etwas in derselben Straße geschieht", sagt sie und schüttelt ungläubig den Kopf. Begreifen könne sie das alles noch nicht. Sie habe das Paar häufig gesehen, man sei sich immer wieder über den Weg gelaufen. Unauffällig habe sich das Paar verhalten.

Und auch die Nachbarn aus dem baugleichen Haus nebenan kennen Bärbel und Hans A. "Man wohnt ja schon lange nebeneinander", so eine Mieterin. "Aber oft habe ich sie dennoch nicht gesehen. Sie sind ja beide berufstätig", sagt sie.