Whitesell-Inventar versteigert
140 Jahre währte die Produktion an der Further Straße, nun kamen Maschinen & Co. unter den Hammer.
Neuss. Drei schiefhängende Schilder in neon-orange zeigen die Fahrtrichtung an. „Versteigerung“ steht darauf. Traurig sieht das aus. Es ist der letzte Weg, den die US-amerikanische Firma Whitesell mit dem Automobilzulieferer in Neuss geht. Der Kurs führt ins Dead End, in die Sackgasse, weiter geht es dann nicht mehr. Vor dem Werk der ehemaligen Rheinischen Schraubenfabrik an der Further Straße parken Autos, die dem Kennzeichen nach aus ganz Nordrhein-Westfalen angereist sind. Eintritt nur mit Bieterkarte. Zu ersteigern gibt es Maschinen und Inventar. Insgesamt 586 Positionen sind gelistet.
Auch das Innerste wurde der ehemaligen Rheinischen Schraubenfabrik nun entrissen. Alles, was an die 140-jährige Produktionsgeschichte erinnerte, gibt es dort nun nicht mehr. Seit 2006 geht es an der Further Straße bergab. Seitdem hat der Eigentümer dreimal gewechselt.
Dabei war die Schraubenfabrik einst ein starkes Symbol der industriellen Revolution in der Region. 1876 wurde das Werk als „Rheinische Schrauben-und Mutternfabrik“ gegründet und bis in die 1980er Jahre unter dem Namen „Bauer & Schaurte“ geführt. Von 1996 bis 2006 hieß die Firma „Textron“. Bis im Januar 2014 schließlich der US-Konzern Whitesell den Automobilzulieferer übernahm.
Zu Höchstzeiten waren in der Schraubenfabrik 2500 Mitarbeiter beschäftigt. Im Mai 2016 waren es nur noch sechs.
Nur ein halbes Jahr, nachdem Whitesell die vier deutschen Werke des Automobilzulieferers Ruia aus einer Insolvenz übernommen hatte, und die Mitarbeiter in Neuss neuen Mut geschöpft hatten, kündigte der US-Konzern die Schließung des Standorts Neuss an. Doch noch ehe der Standort in Neuss geschlossen werden konnte, ruderte er erneut in die Insolvenz. Dann im September 2015 der endgültige Bruch. Der Insolvenzverwalter verkündet abermals die Schließung des Schraubenwerks. Nach mehreren Insolvenzen und Verkäufen.
Und jetzt muss alles raus. Von Schwerlastenregalen über die Gewindewalzmaschine hin zu Staplern, Feuerlöschern und Schleifmaschinen. Und sogar die Kantinenküche sowie Büroutensilien wurden angeboten. In der Produktionshalle erinnert nichts mehr an das, was für Rolf Weitz 45 Jahre den gewohnten Gang bedeutete. Der Schlossermeister leitete noch bis zum letzten Maschinenschlag die Produktion. Nun führt sein Gang ins Leere. Im Innerern der Industrieanlage hallt das Nichts. Auch der letzte Vertrag ist inzwischen ausgelaufen.
Zur Versteigerung hat nicht einmal der ehemalige Werksleiter Frank Ehlen mehr Zutritt. Zum Untergang der Fabrik möchte er nichts mehr sagen. Die Tore in der Further Straße bleiben geschlossen.