Wie Salieri mit dem Schöpfer hadert
Publikum umjubelt Premiere von Peter Shaffers „Amadeus“.
Neuss. Kennen Sie eine Oper von Salieri? Wahrscheinlich nicht. Knapp 200 Jahre nach seinem Tod ist der Komponist fast vergessen. Gott hat ihn gestraft — zumindest, wenn man sich auf die Spielwelt von Peter Shaffers Drama „Amadeus“ einlässt. Und das sollte man.
Am Samstag feierte das Stück im Rheinischen Landestheater Premiere und wurde mit begeistertem Applaus belohnt. Regisseurin Antje Thoms hat Peter Shaffers Stück ins Motto des diesjährigen Spielplans „glauben!“ eingepasst. Es geht um Genie und Mittelmäßigkeit, Neid und Intrigen, vor allem aber um Glauben.
Mit den historischen Fakten hat die Story, 1979 geschrieben und 1984 von Milos Forman opulent verfilmt, wenig zu tun. Stattdessen hat Shaffer die Vorlage zur Charakterstudie zweier Künstlertypen umgestaltet, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Hofkompositeur Salieri bringt nur mittelmäßige Musik zustande, will jedoch den Ruhm. Doch kommt ein junges, quirliges Genie nach Wien und bricht die starren Regeln der Musikwelt: Wolfgang Amadeus Mozart.
Die beiden konkurrieren nicht nur um Geld und Posten. Gott spricht durch Musik, das ist für Salieri keine Frage. Doch weil der Herr nicht ihn selbst zum Sprachrohr gewählt hat, sondern ausgerechnet diesen Mozart, beginnt Salieri mit seinem Schöpfer zu hadern. Er spinnt Intrigen gegen das junge Genie, demütigt Mozarts Frau Constanze (Ulrike Knobloch). Doch eigentlich ringt Salieri mit Gott.
Ihm spielt das Schicksal in die Hände: Mozarts Stücke floppen, die junge Familie verarmt, am Ende stirbt der Komponist einen einsamen, frühen Tod. Salieri stürmt die Karriereleiter, seine Stücke füllen die Konzerthäuser in ganz Europa. Und doch muss Salieri miterleben, wie seine Musik in Vergessenheit gerät, während bald alle Welt Mozart spielt — bis heute.
Die Stärke der Neusser Inszenierung sind die Darsteller, die die beiden Hauptfiguren mit jeder Faser verkörpern. Da ist zum einen Joachim Berger, der seinen Salieri mit gemessenen Gesten spielt, der Desserts genießt und mit süffisantem Lächeln Mozarts Niedergang beobachtet. Mozart, das ist Jonathan Schimmer als Irrwisch, der buchstäblich über Tisch und Bänke geht. Ein ewiges Wunderkind, das nie erwachsen wird.
Nicht von ungefähr weckt Joachim Bergers prägnantes Spiel Erinnerungen an seine Titelrolle in einem anderen Höhepunkt des RLT-Spielplans, den „Hiob“. In beiden Rollen erzählt er Variationen der Geschichte von Gottes Zorn und menschlichem Leid.