Bildung Schwelmer Modell bietet jedem Kind eine zweite Vertrauensperson
Schwelm · Verena Schäffer, Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, informiert sich über die „Poollösung der Integrationshelfer“.
Im vergangenen Jahr hatte sich Bürgermeister Stephan Langhard auf eine Empfehlung aus der gemeinsamen Sitzung des Jugendhilfe- und Schulausschusses vom Juni 2022 hin und auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses aus demselben Monat an die Vorsitzenden der im NRW-Landtag vertretenen Fraktionen gewandt, um auf Landesebene mögliche Unterstützung für das „Schwelmer Modell der Poollösung der Integrationshelfer“ auszuloten.
Auf Vermittlung von Marcel Gießwein, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, tauschten sich kürzlich zu diesem Thema im Schwelmer Rathaus der Bürgermeister, der 2. Beigeordnete Marcus Kauke, Peter Buchholz als Leiter des Fachbereichs Familie, Bildung, Sport sowie Jugendamtsleiter Olaf Menke mit Verena Schäffer aus, der Vorsitzenden der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.
Die Stadt Schwelm hatte die „Poolbildung der Integrationshelfer“ für Kinder mit Förderbedarf nach § 35 a SGB VIII - also für Grundschülerinnen und -schüler mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung – 2015 als Pilotprojekt an der Grundschule Engelbertstraße gestartet. Im Vorfeld war aus den Grundschulen berichtet worden, dass es durch Häufung von Einzelanträgen auf Integrationshilfe in bestimmten Klassen zu Situationen gekommen sei, in denen drei oder mehr Integrationskräfte zusammen mit dem Lehrer beziehungsweise der Lehrerin in einer Klasse waren.
Schnell zeigten sich positive Wirkungen, und so weitete die Stadt das Modell in den folgenden Jahren auf alle vier Grundschulen aus. Außerdem sind auch die beiden weiterführenden Schulen mit modifizierten Lösungen eingebunden. An den Grundschulen ist inzwischen rein rechnerisch für jede der 45 Klassen jeweils eine Schulbegleitung tätig.
Das Angebot erreicht
alle betroffenen Kinder
Die Vorteile dieses niedrigschwelligen Angebotes liegen auf der Hand. In jeder Klasse gibt es für die Kinder somit eine zweite Vertrauensperson. Durch den Verzicht auf Einzelfalllösungen entfallen die gesonderte Beantragung und ebenso die ansonsten erforderliche fachärztliche Untersuchung jedes betroffenen Kindes. Erreicht werden dadurch alle Kinder, die diese Form der Eingliederungshilfe benötigen. Auch die Angebote der OGS werden durch Schulbegleitungen unterstützt. „In bestimmten Fallkonstellationen konnten dadurch ambulante Hilfen zur Erziehung reduziert oder gar ganz eingestellt werden, da schulische Probleme der Kinder mit Integrationsbedarf an Einfluss auf die familiäre Situation verloren“, erläuterte Jugendamtsleiter Olaf Menke.
Im Gespräch mit der Landespolitikerin unterstrichen Bürgermeister Stephan Langhard und seine Mitarbeitenden, dass das Poolmodell auch nach dem Willen der Schulleitungen, OGS-Leitungen und Träger als zukunftsweisendes Modell erhalten werden sollte. Es komme allen Schülerinnen und Schülern zugute und trage zur Verbesserung des gemeinsamen Unterrichts bei und dies vor allem ohne die betroffenen Schülerinnen und Schüler zu stigmatisieren. Die Stadt hat bei den Schulen hinterfragt, wie viele Kinder in Schwelms Grundschulen diese Form der Unterstützung benötigen würden; die Einschätzung ergab im Ergebnis 23 bis 30 Prozent pro Klasse.
Das in Schwelm praktizierte Modell gilt weithin als beispielgebend, weil es dazu beiträgt, die Schulinklusion nach den Bedürfnissen der Kinder umzusetzen, stellt aber im überschlägigen Vergleich mit Kommunen in Schwelms Größenordnung die teurere Variante der Eingliederungshilfe dar. Dies ist mit Blick auf die kommunale Finanzsituation ein wichtiger Grund dafür, dass das Stadtoberhaupt die Landespolitik darum gebeten hat, in der kommenden Legislaturperiode verlässliche und belastbare Strukturen zu schaffen, die unter anderem die schulische Inklusion und dabei gerade auch das „Schwelmer Modell“ im Sinne der Schülerinnen und Schüler zukunftssicher machen könnte.
Denn die Kosten für die ambulanten Eingliederungshilfen liegen bei der Stadt Schwelm aktuell bei etwa über zwei Millionen Euro; „das Poolmodell“, so Olaf Menke, „beansprucht davon circa 1,7 Millionen Euro“.