Bergbau Schaubergwerk Sprockhövel: Heimatkunde in der Tiefe des Stollens

Sprockhövel · Kinder der Grundschule Haßlinghausen haben das Schaubergwerk Scherenberg besucht.

Mit Sicherheitshelm, Stirnlampe und Stiefeln ausgestattet erkundeten die Kinder den Stollen.

Foto: ja/Caroline Büsgen

Der Haßlinghauser Viertklässler Henry Schulz hatte eine schlaflose Nacht. Vor lauter Aufregung: Sollte es doch einen Klassenausflug geben, bei dem die Kinder der 4. Klassen der Grundschule Haßlinghausen auf den Spuren der Bergleute unterwegs sein und tief in den Erbstollen Scherenberg hineingehen würden.

Erstmals besuchten jetzt Grundschulklassen das mit enormem Aufwand der vielen Ehrenamtlichen gestaltete Gelände des Schaubergwerks. Eine ökologische Nutzung des Geländes ist den Verantwortlichen des Vereins Bergbau aktiv wichtig, und so weidet jetzt eine kleine Schafherde friedlich das Grasland ab, eine dicke Schicht aus Rindenmulch bedeckt die Gehwege und schwere Hanfseile begrenzen die Pfade, auf denen Besucher zum Stollengelände kommen. Die Anlage ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden, und der Denkmalschutzbeauftragte Ronald Mayer konnte mit seinen Vorstandskollegen in der Vergangenheit beträchtliche Fördermittel für das Besucherbergwerk Stock und Scherenberg reklamieren. Davon wurde unter anderem kürzlich die Trittfurt durch den Pleßbach gebaut.

Die Klassenlehrerin der Klasse 4a der Grundschule Haßlinghausen hatte das Thema „Bergbau“ schon im Heimatkundeunterricht angesprochen, und einen Tag vor der besonderen Exkursion waren Ronald Mayer und Lasse Knerich in voller Bergarbeiter-Montur in der Schule und erzählten von der Arbeit unter Tage. „Wir haben da schon ganz viel erfahren“, waren Pauline und Mitschülerin Siham bereits gespannt, wie es denn nun wirklich sein würde, wenn man in den Berg hineingeht. Auch Laura und Jonna war es doch etwas mulmig, als sie, ausgestattet mit Helm und Gummistiefeln, vor dem Eingang zum Entwässerungsstollen standen und mit einer kleinen Gruppe darauf warteten, etwa 70 Meter in den Berg hineinzugehen.

Im Inneren seien durch Sprengungen entstandene Hohlräume von circa sechs Metern Höhe zu finden, erläutert Ronald Mayer, und übt mit einer kleinen Sechsergruppe gemeinsam mit Integrationshelfer Michael Frädrich das Abzählen: Gruppenführer Sigurt Lettau ruft seine „Eins“, dann folgen die Kinder mit weiteren Nummern, denn verlorengehen will niemand. Nicht ganz geheuer scheint den Wartenden, die Wadentief in der Rösche stehen, dem Wasserablauf aus dem Berg, der Anblick der schwarzen Öffnung im Berg zu sein, in die es bald hineingeht. Die Kinder tragen bunt glänzende Sicherheitshelme, an der eine Stirnlampe befestigt ist, und die Grubenlampe von Herbert Schwetlik, einem weiteren Ehrenamtler, der Gruppen in den Stollen hineinführt, glänzt wie neu: „Unsere Lampen sind aus den 40er-Jahren. Sie sind auf entsprechenden Börsen im Internet zu haben“, erläutert der Bergbau-Fan, der seine Kindheit in Bochum wenige Meter neben einer Zeche verbracht hat und dessen Opa Wiegemeister der Zeche war. Ihm ist es ein Anliegen, den Kindern zu zeigen, wie überaus beschwerlich die Arbeit unter Tage war, mit welche einfachen Werkzeugen das schwarze Gold, auf dem der heutige Wohlstand der Region und des Landes beruht, von Hand abgebaut wurde.

Auch dass Kinderarbeit zur Zeit der Industrialisierung üblich war, wird thematisiert, und dass die Lebensverhältnisse einfach waren. Während die eine Gruppe darauf wartet, in den Stollen hinein zu gehen, macht Ronald Mayer eine andere Gruppe auf Farbunterschiede und Formen in den riesigen Trittsteinen aufmerksam: Gefingerte Blätter sind als Einschlüsse gut zu erkennen, und die Ursache unterschiedlicher Farbigkeit erinnern die Kinder, denn über den weißen Kalk, das rote Eisen und schwefelhaltige gelbe Gestein wurde bereits am Vortag in der Schule gesprochen.

Das Besucherbergwerk liegt mitten in der Natur

Gut sichtbar oberhalb der Rösche sind auch die schräg gelagerten Gesteinsschichten als Folge des Faltenwurfs in der Erdkruste zu sehen. Stolz sind die Ehrenamtler vom Verein Bergbau aktiv auf ihre tolle Anlage rund um das Besucherbergwerk: „Wir hatten schon in den Jahren zuvor Schulklassen hier, aber vieles war nicht optimal. So haben wir Erfahrungen gesammelt und eine Besucherstätte entwickelt und errichtet, zu der inzwischen ein Container für Einkleidung mit Stiefeln und Helmen gehört, und auch die Technik ist hier untergebracht. Auf rustikalen Bänken kann man den Geräuschen von Mutter Natur lauschen, die Sachen der Kinder liegen trocken in einem Pavillonzelt, und wenn das Wetter es erlaubt, können wir nach der Exkursion auch grillen“, erläutert Herbert Schwetlik.