Sprachstandserhebung: Es war viel einfacher im Pfiffikus-Haus
Wurden die Kriterien herabgesetzt, weil Förderung zu teuer wird?
Ennepe-Ruhr. 44 Vierjährige aus Sprockhöveler Kindergärten werden demnächst eine Sprachförderung erhalten. Das ist das vorläufige Ergebnis nach Phase zwei der Sprachstandserhebungen, an der alle Kinder teilnehmen mussten, die in Test eins durchgefallen waren oder ihn gar nicht erst gemacht hatten. Wann und wo die Sprachförderung beginnt, ist allerdings noch unklar. Außerdem kommt Kritik auf, die Anforderungen in Test zwei seien stark reduziert worden, während der Delfin-Test für die Kinder noch sehr schwierig gewesen sei - ein hoher Testaufwand also, für ein letztlich bescheidenes Ergebnis.
"Das ganze Verfahren ist wohl kindgerechter gewesen als in Phase eins", erklärt sich dagegen Schulrat Joachim Niewil die Tatsache, dass offenbar "nur" ein Drittel der in Phase zwei Getesteten eine Sprachförderung erhalten soll. Die Zahlen sind vorläufig, denn immer noch laufen im Schulamt die Ergebnisse der Tests ein, die vor den Ferien abgeschlossen sein sollten. Rund 1400 Kinder aus dem EN-Kreis waren zum Besuch im virtuellen Pfiffikus-Haus geladen, um Aufgaben zu lösen, Worte nachzusprechen oder eine Bildergeschichte mit eigenen Worten nachzuerzählen. Bei 558 Kindern wurde kein, bei 310 Kindern ein Förderbedarf festgestellt. 424 Ergebnisse seien noch nicht eingegangen, hieß jetzt beim Kreis. Ein abschließendes Fazit könne man wohl erst gegen Ende der Ferien ziehen.
Antje Breiter, Grundschullehrerin
Ursula Wacker von der Awo, die im EN-Kreis 23 Kindertageseinrichtungen betreibt, hat ihre Schlüsse dagegen bereits gezogen. "Im ersten Rutsch sind zu viele Kinder durchgefallen, jetzt sind es viel zu wenige", sagt sie. Ihre Vermutung: "Der Finanzminister hat das nach Phase eins wohl noch einmal durchgerechnet und gesagt, so viel Geld haben wird nicht." Das Land hat für jedes Kind, bei dem Förderbedarf festgestellt wird, 340 Euro für eine Schulung in Aussicht gestellt.
Gewundert über die deutlich herabgesetzten Kriterien in Testphase zwei hat sich auch Antje Breiter, Lehrerin an der Grundschule Hobeuken. Sie war als Testerin eingesetzt. "Die Aufgaben waren ähnlich wie bei Delfin, aber die Entscheidungsmatrix war viel niedriger angesetzt", sagt sie. Es sei jetzt vor allem um das Sprachverständnis gegangen, weniger um das Sprechen. "Ich hatte ein Kind dabei, das g und k verwechselt hat und bei dem ich Probleme hatte, es überhaupt zu verstehen, aber nach dem Kriterienkatalog ist es locker durchgekommen." Nur eines der acht Kinder habe letztlich nicht die erforderliche Gesamtpunktzahl erreicht.
Beim Sprockhöveler Jugendamt, dass demnächst die Sprachförderung mit den Kindergärten absprechen soll, sind hingegen noch keine Zahlen eingetroffen. "Die Eltern, die einen Förderbescheid vom Schulamt bekommen, müssen sich erst danach an uns wenden," erklärt Evelyn Müller, Fachbereichsleiterin Familie, Jugend und Soziales. Wie die Sprachförderung letztlich organisiert werde, ob für die Förderkinder einzeln in der jeweiligen Einrichtung oder gemeinsam, könne man deshalb noch nicht sagen. Dass wie im Thesenpapier des Landes vorgesehen, die Sprachförderung gleich nach den Ferien beginnen solle, habe sich bereits jetzt als utopisch erwiesen.