Toter in der Heidestraße: Verdächtiger ohne Erinnerung?

Vladimir W. sagt zum Ablauf des Tattages aus und benennt Zeugen für seinen Zustand.

Haßlinghausen. Im Fall des getöteten 53-jährigen Mannes, der in seiner Wohnung in der Heidestraße erstochen aufgefunden wurde (die WZ berichtete), deutet sich eine neue Entwicklung an. Inzwischen hat der in der Justizvollzugsanstalt Essen in Untersuchungshaft sitzende Tatverdächtige Vladimir W. sein Schweigen beendet und den Ablauf des fraglichen Tages aus seiner Sicht seinem Pflichtverteidiger, dem Hattinger Anwalt Dr. Gregor Hanisch, geschildert.

Wie dieser gegenüber der WZ berichtet, hat Vladimir W. am späten Vormittag seine Wohnung in Obersprockhövel verlassen, um sich in einem Supermarkt in Haßlinghausen mit Wodka zu versorgen. Dort soll er in der Mittagszeit zwei oder drei Flaschen gekauft und diese danach auch getrunken haben. Am Nachmittag soll er dann in der Mittelstraße in der Nähe des späteren Tatortes einen Bekannten besucht haben, mit dem er eine weitere Flasche Wodka getrunken hat, so der Bericht des Anwalts. Im Laufe des weiteren Tages besuchte Vladimir W. dann das spätere Opfer. „Immer wenn er da war, wurde viel getrunken“, sagt Gregor Hanisch.

An die Einzelheiten des Besuchs und eines möglichen Streites könne sich der Tatverdächtige nach eigenen Angaben wegen des hohen Alkoholkonsums und zusätzlich eingenommener Medikamente nicht mehr erinnern. Das gleiche gelte für den Verbleib der Tatwaffe, wobei sich nach der Obduktion der Verdacht auf ein Messer aus Sicht des Verteidigers als nachvollziehbar darstellt.

Hintergrund des angeblichen Medikamentenkonsums sollen Verletzungen nach einem von Vladimir W. selbst unter Alkoholeinfluss verursachten Verkehrsunfall sein. Wegen der dadurch verursachten Schmerzen in Rücken und Kopf nehme sein Mandant ärztlich verordnet das Schmerzmittel Tramadol ein, so Hanisch. Außerdem habe Vladimir W. im Laufe des Tages fünf weitere schmerzlindernde Tabletten eingenommen, die „berauschend“ wirken, deren Namen er aber nicht angeben konnte.

„Die Aussagen könnten auf sogenanntem ,Knastwissen’ basieren, er hat aber zahlreiche nachprüfbare Hinweise gegeben“, bewertet Hanisch die Aussage seines Mandanten. So habe dieser angegeben, wo in seiner Wohnung noch entsprechende Tabletten zu finden seien und auch namentlich Zeugen genannt, die die Einnahme bestätigen könnten.

Außerdem seien von dem Tatverdächtigen drei Zeugen benannt worden, die Vladimir W. im Laufe des Tages persönlich getroffen oder mit ihm telefoniert haben und bestätigen sollen, dass er „wie weggetreten“ gewirkt habe. Diese Hinweise nachzuprüfen, wird jetzt Aufgabe von Staatsanwaltschaft und Polizei sein, an die der Anwalt die Aussage mit Zustimmung seines Mandanten weitergegeben hat.

Am Tag nach der Tat ließ sich Vladimir W. von einem Bekannten nach Gronau fahren, wo ein Bruder und seine Mutter wohnen. Dort wurde er, wie berichtet, am darauffolgenden Montag von der Polizei verhaftet. Auch dieser Bekannte könnte ein wichtiger Zeuge sein. Gegenüber dem Anwalt soll er aber über die Gespräche im Auto gesagt haben: „Immer wenn es spannend wurde, hat er russisch gesprochen und das verstehe ich nicht gut genug.“

Wie eine Polizeisprecherin auf Nachfrage berichtete, wartet die zuständige Mordkommission immer noch auf die Ergebnisse der Untersuchungen des Landeskriminalamtes (LKA). Hier soll unter anderem geklärt werden, ob Spuren an einer in seiner Wohnung gefundenen Jacke des Tatverdächtigen mit der Tötung in Verbindung stehen und ob eines von mehreren in der Nähe des Tatortes aufgefundenen Messern die Tatwaffe ist. Ob neben diesen unbeantworteten Fragen inzwischen auch verwertbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, wollte die Polizei nicht mitteilen.