Youngtimer-Treffen: Ein Traum in Chrom

Der MSC Sprockhövel hat zum fünften Mal eingeladen — die Autos mussten mindestens 20 und höchstens 29 Jahre alt sein.

Sprockhövel. Vor dem Rinderstall bei Hegemann ist keine Parklücke mehr frei, dicht an dicht stehen die Youngtimer, deren Fahrer dem Ruf des MSC Sprockhövel zum Treffen gefolgt sind. Menschen fachsimpeln, viele Kameras sind im Einsatz. Zu jedem Auto und zu jedem Besitzer gibt es Geschichten zu entdecken.

Der VW Jetta steht da mit offener Motorhaube, der Motor vom Golf 3, ein Traum in Chrom. Bernd Stich aus Gevelsberg kommt dazu. „Das komplette Tuning-Programm“, sagt er. „Motor, Innenraum, Felgen, Fahrwerk. Voll restauriert.“ Er zeigt auf Spiegelplatten unter dem Jetta: „Der Unterboden in Wagenfarbe.“

Er wurde 18 Jahre alt, das war 1996, als er mit seinen Eltern zum VW-Händler ging. Ein Golf GTI sollte es sein. Aber die Eltern sagten, „lern’ erst mal fahren“ — es wurde ein Jetta. Stich las Tuning-Zeitschriften und so manchen Golf-Artikel — da gab es auch einen zum Jetta. Ein Weg begann, der ihn in die Tuning-Szene führte, zur IG Jetta, zu Treffen in England und Frankreich.

„Es ist toll“, sagt Stich, wenn man dann selbst in einer Tuning-Zeitschrift vorkommt. Mit einem Neun-Seiten-Beitrag.“

Auch der Manta aus Gelsenkirchen steht mit offener Haube da, lässt die Drei-Liter-Maschine sehen und auf der Innenseite der Haube ein Airbrush-Gemälde: Planeten, Weltraum, unendliche Weiten. Martina und Marcus Riedel teilen die Begeisterung für das Hobby.

Abwechselnd erklären sie Besonderheiten, von den original nachgearbeiteten Ledersitzen bis zu den Bremsen, die der TÜV für den neuen Motor verlangte. „Erst hab’ ich gesagt, an meinen Manta kommt keine Flex. Jetzt ist der Motor schon zehn Jahre drin, und ich sage, warum haben wir das nicht früher gemacht? Im Motorraum ist nur noch der Wischwasserbehälter original.“

Und die Planeten? Ein Kompromiss, weil sich das Ehepaar diesmal nicht einig wurde. Eigentlich sollte das Bild außen drauf. Sie wollte eine Langhaarkatze. Er einen Chromroboter. Apropos Bilder: Im mit Leder ausgefütterten Kofferraum ist ein Fernseher installiert. „Wenn man bei Treffen mal Fernsehen will“, sagt Marcel. „Im Innenraum kann es da extrem heiß werden. So holt man sich einen Klappstuhl und fertig.“

Kein Chrom — hinter dem offenen Fahrzeug in Matt-Oliv scheint ein anderes Konzept zu stecken. Ein Haflinger von Steyr Daimler Puch. 2-Zylinder 4-Takt, 24 PS, 643 Kubikzentimeter. Und zwar aus einer kleinen Serie, mit der die Schweizer Armee Panzerabwehrraketen transportiert hat. „1968, unrestauriert“ steht auf dem Schild.

Bis 2009 hat dieser Haflinger einem Jäger als Jagdwagen gedient. Und auch sein jetziger Besitzer ist in jagdliche Loden gekleidet. Er erzählt vom Haflingertreffen in Süd-Tirol, wo sie im Sommer die Skipisten hinaufgefahren sind. Jetzt steht ME auf dem Kennzeichen. „Probefahrt?“, fragt der Jäger. Was für eine Frage! Hinter dem Stall gibt es eine steile Böschung. Der Haflinger nimmt sie so selbstverständlich, als habe er die Waagerechte nicht verlassen — nur der Beifahrer hält sich fest, weil er einen Moment glaubt, hinten raus zu kippen.