Alkoholsucht: „Am Ende war ich ständig volltrunken“

Rolf Gerhards hat seine Alkoholsucht mit Hilfe des Blauen Kreuzes in den Griff bekommen. Seit sechs Jahren ist er trocken. Heute leitet er sogar eine Selbsthilfegruppe.

Wuppertal. Alkohol zählt zur Gruppe der legalen Drogen. Er ist gesellschaftlich akzeptiert und mit der deutschen Kultur so stark verbunden, dass seine Gefahren oft unterschätzt werden. Rolf Gerhards hat die verheerende Wirkung des Alkohols erfahren müssen. Die Droge hat sein Leben zerstört. „Es war ein über 15 Jahre dauernder, schleichender Prozess. Am Ende war ich ständig volltrunken und hatte konstant zwei Promille intus“, sagt der heute 44-Jährige.

Eine Therapie beim Blauen Kreuz hat Gerhards dann gerettet. Seit mehr als sechs Jahren ist der Wuppertaler trocken. Dass die Gefahr rückfällig zu werden, immer latent vorhanden ist, bleibt ihm bewusst. „Ich bin Alki und werde es mein Leben lang bleiben“, sagt er. Diese Erkenntnis, so hart sie für manchen klingen mag, ist für ihn entscheidend.

Wenn er zurückblickt, kann er keinen alleinigen Auslöser für seine Sucht identifizieren. Viele Faktoren kamen zusammen: Eine kaputte frühere Beziehung, dann ein schwerer Unfall seiner späteren Ehefrau, die dadurch zum Pflegefall wurde. Die Droge hat ihn in schwierigen Situationen betäubt und alles kurz vergessen lassen. „Alkohol war der Stoff, der meine Gedanken für ein paar Stunden auslöschen konnte.“

Es begann ein Teufelskreis: Der Kraftfahrer kam betrunken zu Arbeit, verlor seinen Führerschein und so auch seinen Job. Er trank immer mehr und wurde sogar straffällig wegen Körperverletzung — ein Tiefpunkt.

Im Jahr 2006 hörte er dann von heute auf morgen auf zu trinken — ein kalter Entzug ohne professionelle Betreuung. „Das war falsch. Die Schmerzen wünsche ich niemandem, mein Körper hat tagelang gezittert.“ Ein paar Monate hielt er die Abstinenz durch, doch dann stand er kurz vor einem Rückfall. „In dieser Phase war ich fast zu selbstsicher geworden, weil ich glaubte, alles allein wieder im Griff zu haben“, sagt er.

Kurz vor dem Rückfall beschloss er, professionelle Hilfe zu suchen und fand über das Internet das Blaue Kreuz Wuppertal. Für ihn rückblickend betrachtet der richtige Weg. „Dort hab’ ich dann alles auf den Tisch gelegt. Das war ganz schwer für mich.“

Über ambulante Gesprächstherapie und Selbsthilfegruppen konnte er vor allem sein Selbstbewusstsein aufbauen. „Dort habe ich langsam begriffen, dass ich nicht mehr trinken muss, um Probleme zu lösen“, sagt er. Er fühlte sich durch die Hilfe nicht mehr wie ein Versager, sondern lernte, dass es jeden Menschen aus jeder Schicht treffen kann. Heute leitet Gerhards sogar eine eigene Selbsthilfegruppe „Heute bin ich nüchtern und kann endlich klar denken“, sagt er.

Er arbeitet 15 Stunden pro Woche in einem Wohnheim für Suchtkranke in Heckinghausen, zugleich pflegt er zu Hause seine Frau. Zudem leistet er regelmäßig Präventionsarbeit, indem er in die Schulen geht. „Wir müssen jungen Menschen rechtzeitig zeigen, wie sie vernünftig mit dieser legalen Droge umgehen.“