Altenpflege: Seniorenheime werben um Seiteneinsteiger
Die Altenpflege kämpft gegen den Fachkräfte-Mangel und ihr Image.
Wuppertal. Die Zahl der Menschen, die in den Altenheimen und Pflegediensten in Wuppertal beschäftigt sind, hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf 1800 verdoppelt. Doch Horst Bürgener, Leiter der Feuchter-Stiftung, malt ein düsteres Szenario, wenn er an die Zukunft der Altenpflege denkt: Die Pfleger von morgen sind zu wenig an der Zahl und sie sind selbst zu alt. "Fachkräfte in der Altenpflege werden händeringend gesucht", sagt Werner Schneider, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Wuppertal. 80offene Stellen gibt es zurzeit im Bezirk der Arbeitsagentur.
"Das Problem ist der Pflegebranche bewusst", sagt Bürgener, "aber wir stehen in einem harten Konkurrenzkampf zu anderen Bereichen der Wirtschaft um junge Menschen". Ein Problem sei das Image der Altenpflege: "Jugendliche sehen den Beruf nicht als cool an. Aber es gibt einen großen Unterschied zum gewerblichen Bereich: Der alte Mensch lächelt, wenn die Pfleger ihre Arbeit verrichten, wenn er ein liebes Wort bekommt - und das gibt Erfüllung im Beruf. Außerdem ist er gesellschaftlich wichtig", wirbt Bürgener um Nachwuchs.
Allerdings seien Ausbildung und Aufstiegschancen dürftig. Nachbesserung sei gefragt, sind sich der Heimleiter und der Arbeitsagentur-Chef einig. Zudem seien Pflegeberufe klassische Frauenberufe, die Arbeitszeiten aber mit dem Familienleben nur schwer zu vereinbaren. "Wir brauchen eine attraktivere finanzielle Vergütung", sagt Bürgener. Und die Finanzierung? "Darüber zerbreche ich mir den Kopf, aber ich weiß keine Lösung. Es muss eine grundlegende Weichenstellung in der Altenpflege geben, sonst können die Heime ihre Standards nicht halten."
Ebenfalls problematisch: Durchschnittlich nach sieben Jahren wandern die Fachkräfte, die die zwei- bis dreijährige Ausbildung absolviert haben, in die Wirtschaft ab. Auch die Belastung im Beruf verlange ihren Tribut: Das Burnout-Syndrom sei ein verbreitetes Krankheitsbild.
Zwei Möglichkeiten sieht Bürgener: Junge Leute ausbilden oder ältere Seiteneinsteiger zu qualifizieren. Allerdings dürfe man das Bildungsniveau auch in der Mangelsituation nicht herabsetzen. "Aber es muss eine Durchlässigkeit geben für Seiteneinsteiger."
Beatrix Bienow hat das hinter sich. Begonnen hat sie als Schwestern-Helferin im Pflegeheim, hat bei einem ambulanten Pflegedienst gearbeitet, eine einjährige examinierte Ausbildung gemacht und mit der Note Eins abgeschlossen. Nun lässt sie sich weiterbilden zur dreijährig examinierten Altenpflegerin. "Dann darf ich Spritzen geben, Medikamente stellen, Visiten mit Ärzten durchführen - einfach mehr Verantwortung übernehmen", sagt die alleinerziehende Mutter.
Die Kosten ihrer Ausbildung werden von der Arbeitsagentur und der Feuchter-Stiftung getragen, ihr Gehalt bekommt sie währenddessen weiterhin. Für solche Weiterbildungen stehen laut Arbeitsagentur noch mindestens 15Plätze in diesem Jahr zur Verfügung. Dennoch wird der Bedarf in den kommenden Jahren die Zahl der neuen Arbeitnehmer übersteigen.