An der Zeitarbeitsbörse wird die Aktie Hoffnung gehandelt

4500 Besucher informier en sich in der Stadthalle über 1700 freie Stellen. Viele haben das Ziel, auf dem Arbeitsmarkt wieder dauerhaft Fuß zu fassen.

Elberfeld. Sabrina Jung wird zum Ende des Jahres gekündigt. Die Vertriebsassistentin möchte sich früh um eine neue Stelle kümmern und interessiert sich deswegen für Zeitarbeit. „Ich habe gute Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Schon einmal war sie als Leiharbeiterin bei einem Unternehmen beschäftigt, das sie übernommen hat. Mitarbeiter aus Zeitarbeitsverträgen zu rekrutieren sei für Arbeitgeber einfach, schließlich würden sie die ja schon kennen, sagt Sabrina Jung. Die 32-Jährige war nur eine von etwa 4500 Besuchern, die zur sechsten Wuppertaler Zeitarbeitsbörse in die Stadthalle kamen. 36 Zeitarbeitsfirmen stellten sich auf Einladung der Arbeitsagentur vor. Zusammen boten sie 1700 freie Stellen an.

Gekommen ist auch der 19-jährige Sven Heuenhausen, der nach seinem Hauptschulabschluss seit einem Jahr einen Ausbildungsplatz sucht. „Ich will nicht nur zu Hause rumsitzen und nichts tun“, sagt er. „Durch uns kommen Leute an Arbeitsplätze, die sonst keine Chance hätten“, sagt Ralf Lemle, Regionalleiter des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ). Bei der Börse ginge es darum, Vorbehalte abzubauen und Kontakte zwischen Arbeitnehmern und Leiharbeitsfirmen herzustellen.

„Besonders interessant ist die Zeitarbeit für Langzeitsarbeitslose“, sagt Andreas Kletzander vom Jobcenter Wuppertal. Sie hätten so die Chance, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Doch ganz so rosig sehen viele Arbeitnehmer das nicht. Claudia Schröder hat zehn Jahre lang bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet, bis sie schließlich von einem Unternehmen übernommen wurde. Die 50-Jährige hat ihren Einsatzort auch nicht dauernd gewechselt, sondern war für längere Zeit bei Firmen. Dort machte sie aber die Erfahrung, dass Leiharbeiter von Kollegen und Chefs schlechter behandelt wurden. „Als Zeitarbeiter muss man immer einen Tick besser sein“, sagt sie. Guido Grüning, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Wuppertal (DGB), kritisiert die Lohnungleichheit. Auch unbezahlte Überstunden und willkürliche Lohnkürzungen sieht er als häufiges Problem. Außerdem würden viele Zeitarbeitsunternehmen sich gegen die Einführung von Betriebsräten wehren.

Ein Beispiel steht neben Grüning am DGB-Stand. Christoph Breuer (44) war über acht Jahre lang als Leiharbeiter bei einem Energiekonzern. Schließlich klagte der Bürokaufmann auf gleichen Lohn und wurde daraufhin entlassen. Gegen die Kündigung klagte er erfolgreich und versuchte dann, in seiner Zeitarbeitsfirma einen Betriebsrat zu gründen — als Konsequenz kassierte er Hausverbot. Die Arbeitsagentur schätzt, dass 10 bis 15 Prozent der Leiharbeiter übernommen werden. Klar ist: Je höher die Qualifikation, desto größer die Chance auf eine Übernahme.