Kultur Auf emotionale Weise gefesselt: Diskussion in der Concordia über den Film „Pinas Perlen“

Wuppertal · „So viele Besucher waren noch nie zu einer Veranstaltung hier“, stellte der Direktor der Concordia, Michael Schmidt-Russnak, fest. Dicht gedrängt saßen die Besucher, um „Pinas Perlen“ zu sehen.

Michael Schmidt-Russnak (von links), Anne Linsel, Dominique Mercy, Thusnelda Mercy, Barbara Kaufmann und Daphnis Kokkinos.

Foto: Hermine Fieder/Hermine Fiedler

Der ausschließlich von Sponsoren finanzierte Film entstand aus dem Filmprojekt „Tänzerinnen und Tänzer der ersten und zweiten Stunde bei Pina Bausch im Gespräch mit Anne Linsel“.

Die Kulturjournalistin und Dokumentarfilmerin befragte Wegbegleiter, die mit Bausch das Tanztheater entwickelt und getragen haben. Aus einer Materialfülle von 40 Interview-Stunden entstand ein 75 Minuten langer Film, der Einblicke in das Gesamtprojekt gibt. Der Film zeigt auf berührende und oft humorvolle Weise die unterschiedlichen Lebenswege und Charaktere der Befragten. Der Bogen spannt sich über Kindheit, Jugend, Elternhaus bis zu Wünschen und Träumen, Ausbildung und ihrer Zeit mit Pina Bausch bis zur Frage nach dem Tod.

Zu „Filmvorführung und Talk“ hatte die Concordia neben Linsel Dominique Mercy, Barbara Kaufmann, Thusnelda Mercy und Daphnis Kokkinos geladen. Bis auf Thusnelda Mercy waren sie im Film Gesprächspartner von Linsel. Auf emotionale Weise fesselten sie mit überlegten und ehrlichen Antworten. Lutz Förster, Julie Shanahan, Jo Ann Endicott, Regina Advento, Nazareth Panadero, Julie Stanzak und andere Protagonisten der ersten Stunde kamen zu Wort. „Jede und jeder ist eine Perle, und ich bin froh, dass sie mich begleiten“, bekennt Pina Bausch zu Beginn des Filmes, und die besondere und intensive Beziehung zwischen dem Ensemble und ihr kam im Film deutlich zum Ausdruck.

Die Persönlichkeiten der Befragten sind unterschiedlich, doch die Liebe zum Tanz und zu Pina, die ihr Leben geprägt hat, ist ein vereinendes Element. „Heimat ist Tanz und Pina“, erklärt Panadero. „Durch Pinas Arbeit lernst du dich kennen“, findet Endicott. „Wir haben Glück gehabt, das mit ihr erleben zu dürfen“, so Mercy.

Nach der Premiere im März war der Film erst zum zweiten Mal zu sehen, und das Publikum war sehr angetan. „Im Film konnte man durch das Leben der Befragten gehen und auch zu Pina. Man kommt den Menschen so nah. Es ist wirklich ein Zauber“, bemerkt eine Besucherin. Im Gespräch mit Schmidt-Russnak erzählte Kokkinos, seit 2002 Pina Bauschs Assistent und nach ihrem Tod 2009 Probenleiter, humorvoll von seiner Ankunft in Wuppertal. Kaufmann, seit 1987 Mitglied im Tanztheater, lobte die Arbeit von Linsel, die „sich bei den spannenden Fragen Zeit gelassen hat, und so konnten Sachen hochkommen“. Dominique Mercy ist seit 45 Jahren Tänzer und war bei 32 Stücken von Pina Bausch dabei. Warum er gerne „so arme Kerlchen und schräge Rollen getanzt hat“, wollte Schmidt-Russnak wissen, und die diplomatische Antwort war: „Wenn ich das wüsste.“

Seine Tochter Thusnelda Mercy erzählt, dass sie „schon als Kind immer dabei war und Pina kennenlernte“. Sie erinnerte sich an die Tanzszene im Film „Pina“ von Wim Wenders, in dem sie und ihr Vater sich gegenseitig schultern. Zusammen mit Pascal Merighi leitet sie heute die Tanzstation Barmer Bahnhof. Auf der Frage nach einer eventuellen Erneuerung der Stücke ist man sich einig, dass eine Aktualisierung und Veränderung der Stücke schon durch die neuen Tänzer und Tänzerinnen mit ihrer individuellen Sicht und tänzerischen Ausdrucksweise erreicht wird. „Die Stücke sind zeitlos und brauchen keine Aktualisierung. Die wird durch die Neubesetzungen erreicht“, fasst Dominique Mercy zusammen. Die Frage nach weiteren Filmen verneint Linsel und wird das für den Film nicht genutzte Interview-Material ins spätere Pina-Bausch-Archiv geben.