Klarinetten im Mittelpunkt Kleines Subfestival im Wuppertaler Pina Bausch Zentrum under construction

Wuppertal · Konzerte loten Möglichkeiten der freien Spielarten aus.

Die niederländische Bassklarinettistin Fie Shouten mit ihren Kollegen Régis Huby (Violine) und Guus Janssen (Klavier) beim Auftritt im Schauspielhaus.

Foto: Matthi Rosenkranz

Das Pina Bausch Zentrum under construction ist einer der neuen Spielorte, die sich das Jazzmeeting Wuppertal (noch bis zum 9. November) erschlossen hat. Als kleines Subfestival gab es zwei Konzerte, die die Möglichkeiten freier Spielweisen ausloteten. Ganz im Sinne von Multiphonics-Kuratorin Annette Maye standen am Mittwoch die Mitglieder der Klarinettenfamilie im Mittelpunkt. Den Abend eröffnete das Trio von Fie Schouten, die sich auf Tieftöner wie Bassetthorn und Bassklarinette konzentrierte. Es folgte Pianist Alexander Hawkins, der mit dem Bassklarinettisten Marco Colonna auftrat.

Die Niederländerin Fie Schouten hat sich als Interpretin Neuer Musik einen Namen gemacht, insbesondere der Werke von Karlheinz Stockhausen. Die Gäste im Foyer des früheren Schauspielhauses fesselte Schouten als Musikerin und Vorleserin. Ihr Programm „Vostok Remote Islands“ basiert auf Judith Schalanskys „Atlas der abgelegenen Inseln“ – ein halb literarisches, halb kartographisches Buch, das zu Abenteuerreisen im Kopf einlädt.

Jedes gespielte Stück repräsentierte eine Insel, die von Schouten und ihren Bandkollegen Régis Huby (Violine) und Guus Janssen (Klavier) improvisierend erkundet wurde. Aus dem brodelnden Gruppensound trat Schouten mit abwechselnd filigranen und expressiven Soli hervor. Wenn sie durch die Lagen eilte, meinte man das tobende Meer und den heulenden Wind zu hören. Eindringlich strich Huby über die Saiten, ließ den Bogen zwischendurch links liegen, um den ganzen Geigenkorpus zu bespielen. Am Flügel pendelte Janssen zwischen Kaskaden aus Blue Notes und atonalen Clustern.

Immer wenn Schouten zum „Atlas“ griff, war ein Ruhepunkt erreicht. Die Zuhörer konnten sich an die Fersen des Forschungsreisenden Charles Darwin heften, der auf einer Insel vor Australien Ordnung in die reiche Flora und Fauna zu bringen versucht. Dann wieder ging es um einen jungen Mann, der in Träumen eine ihm völlig unbekannte Sprache kennenlernt. Jahre später begegnet er einer Frau aus dem fernsten Polynesien, die diese Sprache versteht.

Der Brite Alexander Hawkins ist mit Klassik und Jazz vertraut und hat sich Titel wie „Keyboarder des Jahres“ erspielt, der Italiener Marco Colonna beherrscht diverse Instrumente und ist auch als Komponist und Bandleader gefragt. Beim Jazzmeeting würdigten sie einen Pionier der Jazz-Avantgarde, mit dem sich schon ihr erstes Duo-Album beschäftigt: „Dolphy Underlined“ enthält radikale Überarbeitungen der Musik Eric Dolphys (1928-1964). Der amerikanische Multiinstrumentalist etablierte die Bassklarinette als ernst zu nehmendes Jazzinstrument.

Radikale Überarbeitungen der Musik Eric Dolphys

Hawkins erinnerte an Dolphys allzu frühen Tod, der sich in diesem Jahr zum 60. Mal jährt. Was von ihm bleibt, sind seine originellen Kompositionen wie „Something sweet, something tender“. Deren Erfindungsreichtum befeuerte die Live-Improvisationen.

Colonna entlockte seinem Instrument Töne von brennender Intensität, und Hawkins deckte ein ähnlich breites Spektrum ab. Der Pianist beherrschte virtuose Läufe, aber auch hallend-perkussive Klänge, die er durch das Präparieren der Saiten erzeugte. In diesen regen Austausch schaltete sich das Publikum gerne ein. Es wippte mit den Füßen, kommentierte aufmunternd und applaudierte stürmisch.

Auch das letzte Festivalwochenende ist mit Konzerten gefüllt. Heute spielen das Richard Koch Quartett und die „Open Sky Hip Fellows“ im Forum Knipex in Cronenberg. Beim Abschlusskonzert in der Insel an der Wiesenstraße spielt die Bigband Flat Earth Society. Für den Nachwuchswettbewerb „Wild Card Contest“ steht der Auftritt des CVAT-ett.