Analyse Warum bei Infektionen an Schulen und Kitas in Wuppertal Transparenz geboten ist
Wuppertal · In Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von Wellen zu sprechen, birgt gewisse Gefahren. Erste oder zweite Welle – die Begriffe passen nicht zu einer Herausforderung, die als Querfeldeinlauf über Marathondistanz zu verstehen ist.
Es gibt Phasen der Entspannung, wie in dieser Woche, der aber schon bald ein neuer Anstieg der Fallzahlen folgen könnte. Potenzielle Gründe für diesen erneuten Anstieg gibt es viele: Reiserückkehrer, überfüllte Busse, Schulen und Kitas, die ihren regulären Betrieb wieder aufgenommen haben. Und die großen Herausforderungen stehen im Herbst und Winter erst noch bevor, denn das Virus fühlt sich offensichtlich in geheizten und schlecht durchlüfteten Räumen besonders wohl.
Vor einer Woche näherte sich in Wuppertal der Inzidenzwert, das ist die Zahl der Neuinfektionen in einem Zeitraum von sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner, dem Wert 30. Aktuell liegt er noch bei knapp über 20. „Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass wir den Erfolg durch den Lockdown im Frühhjahr, als wir zwischenzeitlich unter einem Wert von 3 lagen, durch die Urlaubszeit komplett verspielt haben“, sagt Dezernent Stefan Kühn.
Für die kommenden Tage erwartet er weitere zweistellige Zahlen an Neuinfektionen. Urlauber, die ohne Symptome aus ihren Urlaubsorten in Deutschland oder im Ausland heimkehren, können noch weitere zwei Wochen ansteckend sein, wenn sie sich im Urlaub das Virus eingefangen haben. „Das ist das heimtückische am Corona-Virus“, sagt Stefan Kühn.
Jeder Infizierte hat Kontakte – die Älteren innerhalb der Familie, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis. Kinder können das Virus in der Kita und in der Schule verbreiten. Die Fälle in Kitas und Schulen würden bald zum Alltag gehören, glaubt Stefan Kühn. In Berlin seien aktuell 37 Schulen und Kitas betroffen.
Am Freitag bestätigte Kühn auf Anfrage der WZ Fälle von Infektionen einzelner Schüler am Carl-Fuhlrott-Gymnasium sowie in einer Vohwinkeler Schule. Bisher hält sich die Stadt zum Schutz der Schulen zurück, wenn es darum geht, Schulen und Kitas zu benennen, an denen es bestätigte Coronafälle gibt. Über diese Praxis werde man noch einmal diskutieren, kündigte Kühn an.
Bei der WZ hatte sich die Mutter eines CFG-Schülers gemeldet, die erfahren hatte, dass der Schulbetrieb im Schulzentrum trotz des Coronafalls am Montag ohne Quarantänemaßnahmen für eine der Klassen oder die gesamte Schule weitergehen wird. „Wir handeln in diesem Fall nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts“, sagt Stefan Kühn. Das positiv getestete Kind befindet sich in Quarantäne, es weise keine Symptome auf. Da die Stadt davon überzeugt sei, dass das Hygieneschutzkonzept am CDF eingehalten werde, sei im Einvernehmen mit der Schule so entschieden worden. Was die Schulen und Kitas angeht, müsse die Stadt jeden Fall individuell beurteilen.
Dass der Schulbetrieb für hunderte oder gar tausende Schüler eingestellt wird, weil es einen infizierten, aber symtomfreien Schüler gibt, ist demnach nicht mehr die Regel. Im Gegenzug sollte sich die Stadt aber in der Pflicht sehen, bei Neuinfektionen die Namen von Kita oder Schule zu nennen und so für Transparenz zu sorgen. Eltern, die ihre Kinder einer vermeintlichen Ansteckungsgefahr nicht aussetzen wollen, wäre so die Möglichkeit gegeben, Eigenverantwortung zu übernehmen, in dem sie ihr Kind vorübergehend aus der Kita nehmen. Komplizierter wird die Angelegenheit bei Schülern, da es die Schulpflicht gibt.
Transparenz bezüglich der Corona-Fälle in Kitas oder Schulen ist schon allein deshalb erforderlich, weil die Stadt die Verhältnisse in jedem Haushalt nicht kennen kann. Lebt das Kind mit Eltern oder Großeltern unter einem Dach, die der Risikogruppe angehören, dann kann jeder einzelne Corona-Fall in einer Schule als massive Bedrohung empfunden werden.