offen gesagt Kommentar: Warum die Kommunalwahl entscheidend für Wuppertals Zukunft ist

Wuppertal · Zeit, dass sich was dreht in dieser Stadt, meint WZ-Chefredakteur Lothar Leuschen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Nein, es ist nicht alles schlecht in dieser Stadt. Bei weitem nicht. Wuppertal ist eine Kommune, die mit hoher Lebensqualität dienen kann und die deshalb den Vergleich mit ähnlichen und auch größeren Städten nicht scheuen muss. So viel vorweg. Denn es ist dennoch höchste Zeit, dass sich einige Dinge endlich ändern. Der 13. September könnte dazu einen Startschuss geben, dann nämlich, wenn sich möglichst viele der 270 000 berechtigten Wuppertalerinnen und Wuppertaler dazu durchringen, ihre Wahlstimme abzugeben. Es gilt, einen Oberbürgermeister zu bestimmen, es geht um Ratsleute und Bezirksvertreter. Und in Wahrheit geht es um noch viel mehr. Wuppertal muss sich verändern, weil die Welt sich verändert. Damit das gelingen kann, müssen alte Zöpfe abgeschnitten, neue Wege gegangen werden. Doch derzeit deutet noch vieles darauf hin, dass die amtierenden Mandatsträger auf diese Idee noch nicht gekommen sind. Statt sich konstruktiv und gern auch mutig mit Themen auseinanderzusetzen, werden in ideologischen Schützengräben Wortgewehre geladen, und dann beginnt die Schlacht. Die SPD-Fraktion beschließt, dass sie es wie schon in den vergangenen 30 Jahren im Grunde nicht nötig hat, über neue Mobilitätskonzepte nachzudenken, und verweigert einer Umwelt- oder auch nur Busspur auf er B7 ihre Zustimmung. Wie heterogen die SPD mittlerweile geworden ist, zeigt die Reaktion der Jusos und aus der Partei, wo die Umweltspurfrage wesentlich offener debattiert wird. Dass CDU und FDP im Rat es in dieser Frage mit der SPD-Fraktion halten, ist letztlich nicht besonders überraschend. Mut und Innovation stehen in den Programmen beider Parteien schon traditionell nicht sehr weit oben.

Dabei ist tatsächlich nicht erwiesen, dass eine Spur für Busse und womöglich auch für Fahrräder und halbwegs saubere Autos ein Allheilmittel für den Verkehr in Wuppertal wären. Aber es ließe sich leicht herausfinden. Wuppertal hat fast drei Jahre seine B 7 gesperrt und ist davon nicht untergegangen. Die Schwebebahn pausiert nun zum dritten Mal für einen leider noch vollkommen unbestimmten Zeitraum. Trotzdem geht die Sonne jeden Morgen auch über dieser Stadt auf. Warum nicht einmal den Versuch wagen? Warum nicht vier Wochen eine Spur nur für Busse? Warum danach nicht die Ergebnisse auswerten und auf der Basis verlässlicher Daten eine vernünftige Entscheidung treffen - auch wenn sie gegen eine Umweltspur ausfällt?

Es könnte so einfach sein. Stattdessen macht diese Stadt es schwer, weil sie sich mit Veränderungen schwertut. Seit ewigen Zeiten teilen sich zwei Parteien die wichtigen Funktionen in dieser Stadt. Der ohnehin überlastete und oft überfordert wirkende Verwaltungsvorstand besteht aus Vertretern von SPD und CDU. Das hat mit ganz wenigen Ausnahmen Tradition. Dabei weiß in Wuppertal mittlerweile auch der Desinteressierteste, dass Parteibücher nicht für Expertise bürgen, sie sprechen nicht grundsätzlich dagegen, aber auch nicht immer dafür. Letzteres belegt die jüngere und jüngste Geschichte Wuppertals. Und seit dieser Woche gibt es ein weiteres Beispiel. Dabei geht es zwar „nur“ um 210 000 Euro. Aber das entspricht immerhin der Summe, die notwendig ist, vier Erzieherinnen ein Jahr lang anständig zu bezahlen. Dieses Geld ist nun weg. Es ist weg, weil die Sanierung einer Treppe in Wichlinghausen 500 000 statt der zunächst geplanten 290 000 Euro kosten soll. 110 000 Euro sind der Nachlässigkeit zu verdanken, dass das Baudezernat den vor sieben Jahren verabschiedeten Kostenplan nicht um den üblichen Preissteigerungsindex korrigiert hat. Was die restlichen 100 000 Euro Mehrkosten verursacht, darüber rätselt die Verwaltung noch. Egal, es ist ja nicht das eigene Geld.

Genau das ist der Eindruck, der entsteht, wenn Behörden nicht funktionieren. Und Behörden funktionieren nicht, wenn die Kontrollorgane ihre Arbeit nicht machen. Das ist in Wuppertal leider viel zu oft der Fall. Damit muss Schluss sein. Sonst verspielt Wuppertal endgültig die Chancen, die es ohne jeden Zweifel hat. Darum geht es am 13. September. Ganz egal, ob der neue Oberbürgermeister auch der alte ist oder nicht.

Es ist wirklich nicht alles schlecht in Wuppertal. Aber vieles könnte viel besser sein. Es ist Zeit, dass sich was dreht.