Der Alligator auf der Werther Brücke

Nach Tuffi sollte es eigentlich keine Werbung mehr mit Tieren in der Bahn geben. Eigentlich.

Foto: Uwe Schinkel

Barmen. Welche Schwebebahnhaltestelle ihm am besten gefällt? Da muss Jürgen Eschmann nicht lange überlegen: „Das ist ganz klar die Werther Brücke“, sagt der langjährige Sprecher der Wuppertaler Stadtwerke und Schwebebahn-Experte. „Sie war immer schon meine Lieblingshaltestelle.“ Das Schmuckstück auf der Barmer Strecke ist eines von drei markanten Bauwerken, die im Zuge des Schwebebahnausbaus nach dem Abriss in alter Anmutung wiederaufgebaut wurden.

Ebenfalls in früherer Optik neu errichtet wurden die Haltestellen Landgericht und Völklinger Straße. „Sehr gelungen“, meint Eschmann. Insbesondere die Werther Brücke sei für Berufspendler von den Südhöhen wie ihn allmorgendlich rein optisch das wunderschöne Tor zu Barmen gewesen — nach der Modernisierung „mit historischem Äußeren und durchaus hochmodernem Inneren“.

So froh die Menschen im Wuppertaler Osten heute über das Wahrzeichen sind — vor mehr als 115 Jahren verzögerten „zahlreiche Einsprüche der Stadt Barmen und verschiedene Bedenken der Bürger“ den Baubeginn der Strecke Kluse-Rittershausen. So steht es im WSW-Band „Die Wuppertaler Schwebebahn“. Wegen der „langwierigen Verhandlungen“ mit den Barmern sei die Genehmigung der Baupläne zeitlich in den Rückstand geraten, „und erst im Juni 1901 begann die Firma MAN mit der Aufstellung des Tragwerkes an der Kluse“. Die Fertigstellung der Endhaltestelle in Oberbarmen und des Betriebsbahnhofs nebst Wendeschleife und Weichenanlage folgte 1903. 111 Jahre später feierten die Stadtwerke die Eröffnung der neuen Wagenhalle in Oberbarmen zum Abschluss des 20-jährigen Schwebebahnausbaus.

Die Station Alter Markt ist auf der Barmer Strecke die einzige, die nicht abgebaut, sondern modernisiert wurde. Haltestellen wie die Loher- oder die Adlerbrücke sind heute wichtige Verbindungspunkte zu Freizeit, Geschichte und Kultur in der Stadt.

Die Loher Brücke trägt auch den Namen „Junior-Uni“, ein Zeichen für die Weiterentwicklung des Wahrzeichens. „Man muss dem Fortschritt Rechnung tragen, auch und gerade bei einem solch wichtigen, stadtbildprägenden Verkehrsmittel wie der Schwebebahn“ sagt Eschmann. „Sie sollte nicht zu einem liebenswürdigen Altertümchen verkommen, sondern ein effizientes Nahverkehrsmittel sein.“ Das sei die Schwebebahn nach dem Umbau geblieben. Und das gelte auch für ihre Haltestellen. Die alten Stationen werden so lange lebendig bleiben wie es Erinnerungen an sie gibt — das sind auch bei Eschmann viele. Erlebnisse mit Prominenten wie Heinz Hoenig gehören dazu, der im Kaiserwagen mal kurz das Steuer übernehmen durfte. Eine Fahrt mit den Bellamy-Brothers und ihren Cowboyhüten. Das Model-Shooting eines süddeutschen Modehauses in Frühjahrskälte vor der Jugendstilkulisse der Werther Brücke.

Und dann war da noch die Sache mit dem Zirkus. Der war Anfang der 1990er Jahre in Barmen, „und der Zirkusdirektor hatte den Wunsch, einen Alligator die Treppe rauf zur Werther Brücke zu tragen und auf die Einstiegsplattform zu legen.“ Drei, vier Meter lang sei das Tier gewesen „und lammfromm“. Selbst der kleine Sohn des Zirkusdirektors hätte keine Angst gehabt. „Nur die Fahrgäste haben ein bisschen komisch geguckt“, sagt Jürgen Eschmann und lacht bei der Erinnerung. Eigentlich hatte es nach der Geschichte mit Elefant Tuffi keine Werbe-Aktionen mit Tieren mehr geben sollen. „Doch wir haben uns damals den Spaß erlaubt.“