Serie: 90 Jahre in Wuppertal Der Barmer TV eroberte 1996 den europäischen Basketball-Thron

Der Gewinn des Europapokals der Landesmeister ist ein Höhepunkt der Wuppertaler Sportgeschichte.

Unwiderstehlich zieht Martina Kehrenberg, beobachtet von ihrer Schwester Petra, im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1994 gegen Lotus München  in der Uni-Halle zum Korb.

Foto: Kurt Keil

Nach einer spontanen Siegesfeier im Mannschaftshotel und einer langen, langen Nacht warteten die Basketball-Damen des Barmer TV auf dem Flughafen in Sofia geduldig auf ihren Rückflug nach Düsseldorf. Im Gepäck hatte die Mannschaft den Europapokal der Landesmeister, den sie mit einem 76:62-Erfolg am 21. März 1996 gegen den als unschlagbar geltenden Seriensieger SFT Como gewonnen hatte. Es ist bis heute der größte sportliche Erfolg eines Wuppertaler Teams in einer olympischen Ballsportart.

„Jetzt müssten die uns aber ins Aktuelle Sportstudio einladen“, sagte Center Marlies Askamp kurz vor dem Abflug. Doch daraus wurde nichts, denn selbst der Gewinn des Europapokals der Landesmeister war den Fernsehsendern nur wenige Sendeminuten wert.

Ganz anders fielen die Reaktionen dann am Düsseldorfer Flughafen aus, wo das Team aus Wuppertal von einigen hundert Anhängern in der Ankunftshalle begrüßt wurde. Zum Final Four konnten das Team nur wenige Basketball-Fans begleiten, denn die Flüge in die bulgarische Hauptstadt waren teuer, und Sofia genoss wenige Jahre nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs nicht gerade den Ruf eines attraktiven Reisezieles. Außerdem hatten wohl nur die kühnsten Optimisten darauf gehofft, dass der BTV den Pokal mit nach Wuppertal bringen würde.

Für den Barmer TV bedeutete das Jahr 1996 den Höhepunkt einer großartigen Erfolgsgeschichte. In diesem Jahr gewann das Team um Trainer Bernd Motte und die Kehrenberg-Zwillinge Petra (Kremer) und Martina neben der Europaliga noch die deutsche Meisterschaft und den Pokal.

Es war die Zeit vor der Gründung der US-Profiliga WNBA, und somit stand der Barmer TV im Ruf als beste Vereinsmannschaft der Welt. Während andere europäische Spitzenmannschaften aus Italien oder Frankreich die besten amerikanischen College-Basketballerinnen in ihre Teams einbauten, setzte der BTV mit großem Erfolg auf australische Topspielerinnen. Michele Timms und Sandra Brondello waren Ausnahmeerscheinungen auf dem Spielfeld und frei von Starallüren.

Mit ihrem Tempo, ihrer Spielfreude, ihrem technischen Können und großer Nervenstärke waren die Aussis eine ideale Ergänzung zu den groß gewachsenen deutschen Spielerinnen unter dem Korb, die sich neben ihrer taktischen Disziplin – vor allem in der Abwehr – und ihren sportlichen Qualitäten wie ihre Mitspielerinnen durch einen unglaublichen Siegeswillen auszeichneten.

Begonnen hatte das Basketballwunder in der Heckinghauser Halle zehn Jahre zuvor als Familienbetrieb. Schon in der Jugend stellen „Tina und Pit“, die beiden Kehrenberg-Zwillinge, Punkterekorde auf. Als Teenager liefen die beiden mit Mutter Renate sowie ihrer Tante Gaby Kleinert gemeinsam zu Spielen auf. Vater Joachim war Vorstandsmitglied des Fördervereins und bildete zunächst mit seiner Frau und später mit Christian Schindler sowie den Trainern Bernd Motte und Olaf Lange über viele Jahre das Team hinter dem Erfolgsteam.

Der Stern des BTV ging in der Heckinghauser Halle auf, wo es den Wuppertalerinnen 1987 erstmals gelang, den deutschen Abonnement-Meister Agon Düsseldorf zu bezwingen. Der endgültige Machtwechsel im deutschen Damen-Basketball wurde dann in der Uni-Halle vollzogen. 1989 gewann der BTV seine erste Deutsche Meisterschaft. Agon und Lotus München hießen die nächsten Titelträger, dann übernahm ein eingespieltes BTV-Team das Kommando in der Bundesliga und war auf Jahre hinaus unschlagbar.

Von 1993 bis 2002 ging das Double aus Deutscher Meisterschaft und DBB-Pokal zehnmal in Folge nach Wuppertal. Gut zehn Jahre gab es in nationalen Wettbewerben keine Niederlage. Die Überlegenheit hatte allerdings auch negative Folgen. Bundesligaspiele gerieten bis auf die Partien der Final-Play-offs zu Trainingseinheiten für die Europaliga.

Der europäische Wettbewerb erforderte professionelle Strukturen und eine entsprechende finanzielle Ausstattung. 2000 wurde das Basketball-Team aus steuerlichen Gründen und wegen Fragen der Haftung aus dem Verein Barmer TV ausgegliedert. Unter dem Namen Goldzack Wuppertal zählte es weiter zur europäischen Spitze, aber nach dem Ausstieg des Hauptsponsors folgte 2002 ein bitteres Ende. Die Basketball 2000 GmbH musste Insolvenz anmelden. Der Grund waren nicht etwa fehlende sportliche Erfolge. Im Gegenteil: Auf nationaler Ebene hatten sich die Basketballerinnen regelrecht zu Tode gesiegt. Das Zuschauerinteresse ließ nach. Im Kampf um den europäischen Titel fehlte es gegen eine immer stärker werdende Konkurrenz aus Spanien, Frankreich und Osteuropa an der breiten wirtschaftlichen Basis. Das Dream-Team des Wuppertaler Sports war somit Geschichte.

Der Europapokal hat den Weg nie mehr nach Deutschland gefunden. 1997 unterlag der BTV in Larissa in Griechenland gegen Bourges (Frankreich) im Finale nach einer weiteren überragenden Saison. „Wir waren damals ein sehr gut eingespieltes Team, in dem jeder seine Rolle kannte. Bis auf Michelle Timms habe ich noch zu allen Mitspielerinnen Kontakt“, sagt Petra Kremer. Zu einem großen Wiedersehen kam es seitdem nicht mehr. 2021 wäre eine gute Gelegenheit. Dann jährt sich der größte Tag des deutschen Damen-Basketballs zum 25. Mal.