Interview mit Wuppertalerin Felicitas Erfurt-Gordon Die Rolle von Frauen in Familienunternehmen

Wuppertal · Die Geschäftsführerin des Wuppertaler Tapetenherstellers Erfurt & Sohn über die Rolle von Frauen in Führungspositionen und ihren Vorteilen gegenüber männlichen Entscheidungsträgern.

Felicitas Erfurt-Gordon führt das Unternehmen Erfurt & Sohn in achter Generation. Dennoch ist sie erst die zweite Frau, die diese Position inne hat.

Foto: Taro Kataoka

Der Frauenanteil in der Geschäftsführung von deutschen Familienunternehmen stieg in den vergangenen Jahren zwar leicht an, liegt jedoch noch immer bei lediglich rund 13 Prozent. Felicitas Erfurt-Gordon stieg 2020 in die Geschäftsleitung des in achter Generation geführten Familienunternehmens Erfurt & Sohn KG in Wuppertal-Beyenburg ein. Damit ist sie erst die zweite Frau an der Spitze des Tapetenherstellers. Im Interview mit der WZ sprach sie unter anderem über die Rolle von Frauen in Führungspositionen und ihren Vorteilen gegenüber männlichen Entscheidungsträgern.

Frau Erfurt-Gordon, wie stehen Sie dazu, dass es verhältnismäßig eher wenige Frauen in Führungspositionen von Familienunternehmen gibt?

Erfurt-Gordon: Diese Zahl ist erschreckend niedrig, wobei in unserer eher konservativen Branche der Anteil an Frauen in Führungspositionen gefühlt sogar noch geringer ist. Leider fehlt in Deutschland die notwendige Unterstützung zur Betreuung von Kindern, sodass Frauen mit Familie oft nicht die gleichen Chancen haben, Karriere zu machen, beziehungsweise freiwillig für ihren Partner zurückstecken, um die Familie unterstützen zu können.

Wann wussten Sie, dass Sie in das Familienunternehmen einsteigen wollen?

Erfurt-Gordon: Ich persönlich habe schon in der Schule den Wunsch gehabt in das Unternehmen zu gehen und habe dann mein Studium und die weiteren Arbeitserfahrungen in anderen Unternehmen nach diesem Ziel ausgerichtet.

Gab es bei Erfurt in der Geschichte schon eine Frau an der Unternehmensspitze?

Erfurt-Gordon: Tatsächlich gab es in der zweiten Generation, ab dem Jahr 1865, eine Frau, die das Unternehmen geleitet hat. Auguste Clementine Erfurt führte das Unternehmen nach dem Tod ihres Mannes, bis ihre beiden Söhne alt genug waren, die Nachfolge anzutreten.

Welche Vorteile haben Ihrer Meinung nach Familienunternehmen, die Frauen in der Geschäftsführung haben? Welche Stärken haben Frauen in Führungspositionen gegenüber Männern?

Erfurt-Gordon: Als Familienunternehmen ist die Familie Teil des Unternehmens, ob es nur als Anteilseigner oder auch in der operativen Führung wie bei uns ist. Dadurch können Eigenschaften, die Frauen zugeschrieben werden, auch dem Unternehmen zu Gute kommen. Ich möchte hier keine pauschalen Angaben machen, gehe aber persönlich davon aus, dass Frauen weniger machtaffin sind, kommunikativer und fürsorglicher sind und eher empathisch agieren.

Sie sind sozusagen im Betrieb großgeworden, einige Mitarbeiter kennen Sie noch als Kind. Wie erarbeiten Sie sich die nötige Autorität?

Erfurt-Gordon: Das ist das Schöne an einem Familienunternehmen, dass die Mitarbeiter wie eine erweiterte Familie sind. Ich bin ich, immer authentisch, zumindest glaube ich das, und gebe 100 Prozent in meinem Job. Dadurch erarbeite ich mir den Respekt unter den Kollegen und Mitarbeitern.

Sie haben zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Wie handhaben Sie das Thema bei den beiden? Fördern Sie Ihre Tochter anders oder mehr, damit sie die Chance hat, in Zukunft ebenfalls eine Führungsposition bei Erfurt oder einem anderen Unternehmen zu übernehmen?

Erfurt-Gordon: Unsere Kinder sind sehr unterschiedlich und ich kann noch gar nicht absehen, wer oder ob einer von den beiden in Zukunft meine Nachfolge antreten will. Ich glaube es ist wichtig, ein gutes Vorbild für seine Kinder zu sein – auch beruflich – und dann wird es sich von selbst ergeben. Ich bin persönlich gegen eine Sonderbehandlung, denn es müssen sich die Rahmenbedingungen wie die Kinderbetreuung ändern, um mehr Frauen die Chance zu geben, eine Führungsposition zu übernehmen.