Kultur im Stadtteil Festival Lit.Ronsdorf in Wuppertal: Werner Brück macht Literatur lebendig
Wuppertal · Seit Jahrzehnten steht der Pädagoge mit Amateurtheater- und Kabarettgruppen auf der Bühne.
Ein Multitalent wie Werner Brück ist für die 17. Lit.Ronsdorf ein echter Gewinn. Seit Jahrzehnten steht der Pädagoge mit Amateurtheater- und Kabarettgruppen („Remscheider Schirmspitzen“) auf der Bühne. Als Autor und Sprecher ist Brück regelmäßig im Radio („Kirche im WDR“) zu hören, und in den letzten Jahren hat er auch seine Gesangsstimme ausbilden lassen.
Susanne Giskes vom Arbeitskreis Lit.Ronsdorf präsentierte den Vielseitigen am Mittwoch im Bandwirkermuseum. Zwischen historischen Webmaschinen und Schaukästen trat Brück mit einer szenischen Lesung auf, die auf einer Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert basierte. Nach der Pause sang er Songs von Udo Jürgens bis Frank Sinatra. Die Neugier auf sein Doppelprogramm war so groß, dass noch etliche Stühle aufgestellt werden mussten.
Dass Brücks Wahl auf Borcherts „Der Kellner meines Onkels“ fiel, hatte mehrere Gründe. „Ich bewundere seine großartige literarische Sprache“, sagte er – und erzählte im gleichen Atemzug, dass Borcherts Todesjahr 1947 sein Geburtsjahr sei. Reizvoll für den Schauspieler ist die Erzählung schon wegen ihrer plastisch gezeichneten Figuren.
Borcherts autobiografisch gefärbter Ich-Erzähler schildert die Begegnung von zwei Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum einen der Onkel, ein vor Kraft und guter Laune strotzender Riese. Zum anderen der Kellner, ein „geduckter“ Zwerg ohne Selbstbewusstsein. Was das Gegensatzpaar zusammenbringt, ist ihre Gemeinsamkeit: Beide lispeln. Dieser Sprechfehler sorgt erst für Missverständnisse, dann aber für eine Annäherung und freundschaftlichen Austausch.
Gelöste Stimmung auch
im musikalischen Teil
Mit rein stimmlichen Mitteln machte Brück die Charaktere lebendig, ließ den Onkel dröhnen und den Kellner flüstern. In den Dialogen evozierte er eine breite Skala der Gefühle: Verzweiflung, Wut, Scham, Trauer und am Ende erlösendes Mitgefühl. „Wenn man hineinfindet in die beiden, dann fühlt man es“, so der Vorleser.
Die gelöste Stimmung, in die er sein Publikum versetzt hatte, hielt sich auch im musikalischen Teil des Abends. „Ich singe aus Freude an guten Songtexten“, erklärte Brück. Den Anfang machte „Tanz auf dem Vulkan“ von Udo Jürgens. Wäre der Text nicht schon Jahrzehnte alt, könnte man ihn für einen aktuellen Kommentar zur Klimakrise halten. Der Sänger beschrieb das Verschwinden der Eisberge und den Untergang Venedigs und trieb das Szenario auf die ironische Spitze: „Freut euch des Lebens“.
Bodenständiger kam Reinhard Meys „Keine ruhige Minute“ daher. Als Vater von zwei Töchtern und drei Söhnen weiß Brück nur zu gut, welche Herausforderungen Eltern zu überstehen haben. In beschwingtem Rhythmus geht Mey das Thema an, und sein Interpret ging voll darin auf und brachte alle im Raum dazu, den Refrain mitzusingen: „Ja, das musste sein!“
Rauschenden Applaus erntete Brück für „Wenn ich einmal reich wär“. Kein Wunder, denn aus dem Hit des „Anatevka“-Musicals machte er eine richtige Theaterszene. In Mütze und Weste hielt er einen Monolog über das Für und Wider des Reichtums, der sich nach und nach in die schmissige Melodie verwandelte. „Können Sie noch ein bisschen?“, fragte Brück gegen Ende.
Als seine Zuhörer bejahten, widmete er sich voller Enthusiasmus der Zugabe: Frank Sinatras „My Way“.